Dinslaken/Düsseldorf Nils D. jubelte über Selbstmord-Attentäter

Dinslaken/Düsseldorf · Syrien-Rückkehrer Nils D. galt als "Kronzeuge" gegen den "Islamischen Staat". Doch der 25-Jährige hat einen zweifelhaften Eindruck vor Gericht hinterlassen, das an seiner Abkehr zweifelt. So jubelte er über das Selbstmord-Attentat eines Freundes.

IS-Terrormiliz: Prozess gegen Nils D. 2016
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Foto: dpa, fg lof

Im Prozess gegen den mutmaßlichen Terroristen Nils D. aus Dinslaken hat das Gericht erhebliche Zweifel an dessen Abkehr vom "Islamischen Staat" (IS) geäußert. "Ihr Verhalten und das, was wir auf Ihrem Handy gefunden haben, ist damit nicht in Einklang zu bringen", sagte die Vorsitzende Richterin des Düsseldorfer Oberlandesgerichts, Barbara Havliza, am vierten Verhandlungstag gegen das ehemalige Mitglied der sogenannten Lohberger Brigade. So habe der Angeklagte, zurück in Deutschland, das Selbstmordattentat eines Freundes bejubelt. "Einer Ihrer besten Kumpels kommt ums Leben und Sie äußern sich euphorisch", hielt ihm die Richterin vor. "Da fragt man sich: Warum ist er zurückgekommen? Ist es wirklich Abkehr, oder gab es einen Auftrag?"

Es sei seine Art gewesen, damit zurechtzukommen, dass sein Freund gestorben sei, argumentierte der 25-jährige Angeklagte. "Natürlich hoffe ich, dass er ein Märtyrer ist und nicht in der Hölle schmort." Den Märtyrertod gebe es im Übrigen nicht nur im Islam, sondern auch im Christentum.

Nils D., der seinem inzwischen bei einem Selbstmordattentat ums Leben gekommenen Cousin Philip B. in den vermeintlich "Heiligen Krieg" gefolgt war, hatte in den vergangenen Tagen vor dem Oberlandesgericht ein ausführliches Geständnis abgelegt und zugegeben, der Terrormiliz des IS in Syrien die Treue geschworen zu haben. Er habe von den Gräueltaten, die diese verübte, allerdings zunächst nichts gewusst.

Den Kampf gegen das Assad-Regime in Syrien halte er nach wie vor für richtig. Auch das Alkohol- und Tabak-Verbot finde er "super". Dass der IS aber Frauen und Kinder vergewaltige, könne er nicht akzeptieren. Er habe sich aus Syrien abgesetzt und den IS dabei bewusst getäuscht: Er wolle seine Familie in der Türkei treffen und dann wieder zur Terrortruppe zurückkommen, habe er versprochen. Daraufhin habe man ihn ausreisen lassen. Mit dem Bus sei er dann im November 2014 aus der Türkei nach Deutschland zurückgekehrt. Nils D. hatte zugegeben, dem "Sturmtrupp", einer Geheimpolizei des IS, angehört zu haben. Er habe Menschen verhaftet und ins Gefängnis gebracht, wo auch gefoltert worden sei. Er habe zudem eine Reihe von Hinrichtungen miterlebt.

Der Angeklagte aus Dinslaken ist vor seiner Hinwendung zum Islam als Kleinkrimineller mehrfach vorbestraft worden und saß sechs Monate wegen Einbruchs und Diebstahls im Gefängnis. Zuvor war er wegen Drogenhandels zu einer Jugendstrafe von sechs Monaten auf Bewährung verurteilt worden. 2011 hatte er sich der islamistischen Gruppe zugewandt, deren Keimzelle nach bisherigen Erkenntnissen ein im Lohberger Ledigenheim tagender Kulturverein war.

Dem Dinslakener, der sich als wichtiger Zeuge bei bisherigen Prozessen gegen Syrien-Rückkehrer erwiesen hat, drohen bis zu zehn Jahre Haft wegen Mitgliedschaft in der Terrororganisation.

(dpa/lnw)
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