Dinslaken Immer mehr Flüchtlinge in Arbeit

Dinslaken · Weseler Jobcenter, zuständig für alle Hartz-IV-Empfänger im Kreis, zieht positive Bilanz des Jahres 2017.

Die Befürchtungen, dass die im Kreisgebiet lebenden, anerkannten Flüchtlinge im erwerbsfähigen Alter wegen mangelhafter Sprachkenntnisse beziehungsweise fehlender Qualifikationen auf dem Arbeitsmarkt praktisch chancenlos sind, haben sich nicht bewahrheitet. Im Gegenteil: Im vergangenen Jahr ist es dem Jobcenter im Kreis Wesel - zuständig für alle Empfänger von Hartz IV und damit auch für alle anerkannten Flüchtlinge - gelungen, 475 von ihnen in einen sozialversicherungspflichtigen Job zu vermitteln. Diese Zahl nannte gestern Behördenchef Michael Müller und zog eine rundum positive Bilanz des abgelaufenen Jahres.

"Diese Zahl ist schon ein echter Erfolg. Wir hätten gerade mal mit der Hälfte gerechnet", so Müller. Die meisten Flüchtlinge sind bei Logistikunternehmen wie zum Beispiel Amazon in Rheinberg oder bei Firmen in der Systemgastronomie tätig. Denn in diesen Bereichen reicht es oft auch, wenn man lediglich ein wenig Englisch spricht und bereit und in der Lage ist, körperliche Arbeiten zu verrichten. Müller und sein Stellvertreter Günter Holzum betonten bei der Vorstellung der Bilanz 2017, dass gerade junge Flüchtlinge äußerst motiviert seien. "Sie suchen sich verstärkt auch Jobs im Ruhrgebiet, weil sie dann auch in die Großstädte dort ziehen können", so Holzum. Denn ohne Beschäftigung können sie ihren Wohnort nicht beliebig wechseln.

Im abgelaufenen Jahr war das Jobcenter für 18.500 Bedarfsgemeinschaften zuständig, in denen mehr als 25.500 Personen leben, die - theoretisch jedenfalls - als Arbeitskraft zur Verfügung stehen. Allerdings gehören auch Leute in Qualifizierungsmaßnahmen und Krankgeschriebene dazu. Die Zahlen haben sich im Vergleich zu 2016 so gut wie nicht verändert. "Und das, obwohl die anerkannten 3000 Flüchtlinge, die in 1700 Bedarfsgemeinschaften leben, hinzugekommen sind. Deshalb ist das wirklich eine positive Bilanz. Die gute Vermittlungsarbeit von 2016 wurde fortgesetzt", sagte Kreisdirektor Ralf Berensmeier.

Dass allerdings viele Hartz-IV-Empfänger große Probleme haben, auf dem ersten Arbeitsmarkt wieder Fuß zu fassen, auch das gaben Müller und Holzum unumwunden zu. "Wer arbeitslos wird und innerhalb von zwei Jahren nichts Neues findet, für den wird es immer schwerer", sagt Müller. Zu den Dauerbeziehern von Hartz IV gehören vor allem diejenigen, die keinen oder nur einen schlechten Schulabschluss beziehungsweise keine abgeschlossene Ausbildung vorweisen können und weitere Probleme wie Krankheit oder Überschuldung haben. Das Alter spielt dabei immer weniger eine Rolle. "Die Firmen suchen händeringend Facharbeiter. Deshalb haben mittlerweile auch über 50-Jährige gute Chancen, da sie oft auch über Tugenden wie Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit verfügen."

Um dafür zu sorgen, dass gerade junge Leute nicht in diese Abwärtsspirale hineingezogen werden, gibt es in den vier größten Jobcenter-Standorten Wesel, Dinslaken, Moers und Kamp-Lintfort seit gut zwei Jahren Jugendberufsagenturen. Die Fallmanager halten Kontakt mit den Jugendämtern, mit Sozialarbeitern und wollen künftig auch den Kontakt mit den Schulen intensivieren, um jungen Leuten unter 25 den Weg in eine Ausbildung zu weisen.

2017 hat der Bund für die Hartz-VI-Bezieher im Kreis mehr als 95 Millionen Euro als Leistungen für den Lebensunterhalt bezahlt. Die Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 75 Millionen Euro musste zu 70 Prozent der Kreis tragen. Den Rest hat der Bund übernommen. Die Kosten für die anerkannten Flüchtlinge in Höhe von fünf Millionen Euro hat der Bund komplett gezahlt.

(RP)
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