Dinslaken/Voerde "Immer nur von vorne grätschen"

Dinslaken/Voerde · Jürgen Stackebrandt, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Dinslaken, Voerde, Hünxe, geht nach 47 Dienstjahren in den Ruhestand. Der Fußballfan will sich nun mehr Zeit für die Familie nehmen - und den MSV Duisburg.

 Jürgen Stackebrandt während des Sparkassen-Neubaus an der Friedrich-Ebert-Straße in Dinslaken.

Jürgen Stackebrandt während des Sparkassen-Neubaus an der Friedrich-Ebert-Straße in Dinslaken.

Foto: Heinz Kunkel

Dass Jürgen Stackebrandt an der Westender Straße in Meiderich, in Steinwurfweite zur Heimat des MSV Duisburg, aufwuchs, hat für diese Geschichte schon eine Bedeutung. Denn Jürgen Stackebrandt ist Fußballfreund mit Leib und Seele, hat selbst aktiv gespielt. Lieblingsposition: rechter Verteidiger. Grätschen? "Aber immer nur von vorne", sagt er über seine Spielweise. Und er wäre nicht der erste, dessen Verhalten auf dem Sportplatz schon Rückschlüsse auf seinen beruflichen und privaten Stil verraten würden. "Stimmt", sagt auch Jürgen Stackebrandt. Hinten ruhig absichern, im Zweifelsfall beinhart zu sich und anderen, aber immer mit offenem Visier, und wenn es möglich war, das Spiel nach vorne machen.

Das können seine Kollegen und Mitarbeiter bestimmt besser beurteilen, aber die Richtung passt. Und um das Bild des Verteidigers noch einmal zu bemühen: In mehr als 40 Jahren bei der Sparkasse kam an Jürgen Stackebrandt kaum ein Mitarbeiter vorbei, denn der Voerder arbeitete nicht nur unglaublich lange bei dem Geldinstitut, sondern auch quer durch die Abteilungen.

1962 zog Jürgen Stackebrandt mit seinen Eltern von der Westender Straße nach Voerde. Sein Vater, der aus Brandenburg stammte, nach der Kriegsgefangenschaft in Bergbau und Stahlindustrie arbeitete, suchte für seinen Sohn einen Beruf, bei dem der sich nicht die Hände dreckig machen sollte. Obwohl Jürgen Stackebrandt eigentlich lieber Architekt geworden wäre, begann er 1967 die Ausbildung bei der damaligen Sparkasse Voerde.

Und als erstes bekam der 17-Jährige einen Blaumann überreicht, weil Altpapier verbrennen, Regale säubern und Schneefegen seinerzeit mit zur Ausbildung bei der Sparkasse gehörte. Neben Zahlen, Zinsen und Prozenten lernte Stackebrandt bei dem Geldinstitut auch seine Frau kennen, 1971 wurde geheiratet. Die langen Haare, die er damals trug, waren bei der Sparkasse nicht überall gerne gesehen und bei der Bundeswehr sowieso nicht. Dabei war der junge Mann extra vom TV Voerde zum SV Spellen gewechselt, weil ihm dort jemand versprochen hatte, seinen Marschbefehl nach Flensburg in einen nach Rheine auszutauschen.

Die "Ablöse" funktionierte, Stackebrandt wurde heimatnah untergebracht und konnte für Spellen kicken. Nach der Bundeswehrzeit setzte er seine Sparkassen-Laufbahn fort, erlebte mit der kommunalen Neuordnung die Fusion zur Sparkasse Dinslaken-Voerde-Hünxe - gegen die er sich als Lokalpatriot letztlich erfolglos zu wehren versucht hatte. Nach seiner Ausbildung zum Sparkassenbetriebswirt kehrte er nicht in die Voerder Sparkassenwelt zurück, sondern wurde schnell in Dinslaken Leiter der Kreditrevision, außerdem Chef der Betriebssportgemeinschaft. Stackebrandt machte bei der Sparkasse unter Vorstand Artur Benninghoff Karriere, wurde 1982 Vizechef der Kreditabteilung, dann Leiter des Kreditsekretariats, übernahm in den 90ern die große Hauptabteilung, wurde 1997 Verhinderungsvertreter des Vorstands, in den er 2001 als Vize gewählt wurde.

"Nach der Wende hatte ich schon verlockende Angebote aus den neuen Bundesländern, aber ehrlich gesagt kam das für mich nie in Frage. Ich hätte ja dann aus Spellen wegziehen müssen", scherzt Stackebrandt. Abwechslung habe er immer gehabt, genügend Herausforderungen im eigenen Hause auch. Auf der Rangliste der spannenden Themen rangieren die Euro-Einführung und die Jahrtausendwende ziemlich weit oben. 2000 gab es die Befürchtung, dass nach Mitternacht nichts mehr geht, weil für einen Computer, der nur zwei oder drei Stellen kennt, nach der 999 ja nicht die Null kommt. Stackebrandt versammelte zu Silvester seine Experten in der Sparkasse. Die Feier begann erst richtig, als man nach Mitternacht gemerkt hatte, dass nichts Schlimmes passiert war.

Im Frühjahr 2011erlebte Jürgen Stackebrandt einen schweren gesundheitlichen Schlag, verschwand für Wochen von der Bildfläche. Doch als Vorstand Ulrich Schneidewind die Sparkasse in nicht leichten Zeiten Richtung Duisburg verließ, siegte bei Stackebrandt das Pflichtbewusstsein über das Gefühl und den Rat, eigentlich deutlich kürzer treten zu müssen. Den Vorwurf, gelegentlich die Familien zu verwechseln, musste sich Jürgen Stackebrandt da nicht zum ersten Mal gefallen lassen. Oder was soll man dazu sagen, wenn jemand nach dem Urlaub oder dem Wochenende in der Ferienwohnung immer zuerst in die Sparkasse fährt, um dort nach dem Rechten zu schauen? Der Voerder wurde zum 1. Januar 2012 Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Dinslaken, Voerde, Hünxe, hatte diesen Posten nun fast drei Jahre inne. Wenn er Ende der Woche in den Ruhestand geht, tut er das ohne festen Plan. Einzig weiß er, dass er seine Ehrenämter weiter und intensiver ausüben, häufiger zum MSV gehen will. Und er wird sich viel Zeit für die Familie nehmen. Und diesmal ist damit ganz bestimmt nicht die Sparkasse gemeint.

(RP)
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