Dinslaken In Dinslaken begann der Siegeszug von Aldi

Dinslaken · Der kürzlich verstorbene Gründer von Aldi Süd, Karl Albrecht, eröffnet am 7. Juni 1962 seinen allerersten Discounter in der Dinslakener Neustraße. Der ehemalige Aldi-Bezirksleiter Walter Vieth erinnert sich.

Obwohl Karl Albrecht bis zu seinem Tod in der vergangenen Woche sehr zurückgezogen lebte, war von dem Gründer von Aldi Süd und Multimilliardär bekannt, dass er ein sehr bescheidener und sparsamer Mensch war. "Das war er schon immer", erzählt Walter Vieth, der den reichsten Deutschen in den 1960er Jahren kennenlernen durfte. Der gebürtige Bocholter und heute in Schermbeck lebende 77-Jährige war bei Aldi Bezirksleiter im Raum Duisburg-Wesel und dafür zuständig, am 7. Juni 1962 die erste Discountfiliale Aldis überhaupt an der Neustraße 55 in Dinslaken zu organisieren und auf die Eröffnung vorzubereiten: "Wir hatten damals Preisschilder, das waren kleine handbeschriebene Plakate. Wenn die Angebote nicht mehr aktuell waren, sollten wir dann die Rückseite mit dem neuen Preis beschriften. Karl Albrecht kam häufiger zu Besuch und hat darauf immer geachtet, dass die Preisschilder zweifach genutzt werden - das war nur ein Beispiel und typisch für ihn, wie sparsam er war."

Albrechts Idee, Discountfilialen zu eröffnen, bezeichnet der 77-Jährige als die größte Innovation des Handels im vergangenen Jahrhunderts. "Die Entwicklung hat bestimmt ein Jahr gebraucht, bevor er mit uns Mitarbeitern darüber sprach. Zuvor versuchte er es mit kleinen Supermärkten mit Obst und Fleisch, aber das war nicht sehr erfolgreich. Doch dann kam ihm diese Idee, mit dem Discount etwas völlig Neues zu machen, und ich hatte das große Glück, als einer von 15 Bezirksleitern für die Umsetzung zu sorgen", erinnert sich Walter Vieth.

Dinslaken: In Dinslaken begann der Siegeszug von Aldi
Foto: Aldi Süd/dpa

Aus dem kleinen Albrecht-Supermarkt auf 100 Quadratmetern in Dinslakens Neustraße machte der Bezirksleiter den ersten Aldi-Discount. Eine zweite Filiale öffnete parallel in Rheydt. Gestelle aus Holz wurden gebaut und die Ware wurde auf Paletten angeboten, auf besondere Dekoration und Werbung wurde verzichtet, Frischware verschwand aus dem Sortiment und stattdessen setzte Karl Albrecht auf verpackte Lebensmittel, Konserven, Mehl, Zucker oder Waschmittel. "Wir nannten es Kolonialwaren, die eine kleine Revolution auslösten. Wir waren 20 bis 50 Prozent günstiger als die Konkurrenz und haben trotzdem vom ersten Tag an Geld verdient. Von zuvor zehn Verkäuferinnen hatten wir nur noch zwei, die an der Kasse saßen, aber die haben den doppelten Umsatz gemacht", sagt Walter Vieth: "Ich hatte auch die bittere Aufgabe, den anderen acht Verkäuferinnen mitzuteilen, dass ihre Zeit in Dinslaken beendet sei. Aber sie mussten nicht entlassen werden, sondern wir konnten sie in anderen Läden unterbringen."

Zunächst übernahmen die Albrechts die Tante-Emma-Läden ihrer Mutter, die auch keinen großen Ertrag abwarfen, dann versuchten sie es mit den Supermärkten, bis die große Idee mit dem Discount kam, dessen Erfolgsgeschichte rasend schnell ging. "Ich musste jede Woche einen neuen Laden umstellen. Nach Dinslaken waren es Walsum, Wesel, Bocholt und Duisburg. Es ging alles mit Riesenschritten, und ich hatte wirklich großes Glück, dazugehören", meint Walter Vieth, der dann von der Metro abgeworben wurde und Aldi verließ.

Der Kontakt zu der Familie Albrecht riss aber nie wirklich ab. Zuletzt arbeitete Vieth gemeinsam mit Karl Albrechts Sohn, Karl jr., an der Firmenchronik des Unternehmens, die bald erscheinen soll.

(gaa)
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