Hintergrund Innenstadt: schön - aber wirklichkeitsfremd ?

Dinslaken · Die Kritik an der Dinslakener Gestaltungssatzung wird lauter. Die Unabhängige Bürgervertretung fordert deswegen Änderungen.

 Die Bänke vor dem Café "Kostbar": pfiffig gestaltet - aber sind sie im Sinne der Gestaltungssatzung auch "hochwertig"?

Die Bänke vor dem Café "Kostbar": pfiffig gestaltet - aber sind sie im Sinne der Gestaltungssatzung auch "hochwertig"?

Foto: Büttner

Dinslaken Der Rat hat sie am 16. Dezember vergangenen Jahres beschlossen - und zwar einstimmig. Inzwischen liegt sie auch als Hochglanzbroschüre vor und ist an die Händler und Gastronomen verteilt worden. Jetzt regt sich der Widerstand gegen die Festlegungen in der Gestaltungssatzung für die Dinslakener Innenstadt. Speziell der Paragraf 11 ist einigen ein Dorn im Auge. In ihm ist die "Gestaltung von Sondernutzungen" geregelt. Es geht beispielsweise darum, wie Werbung und Werbeanlagen auf Straßen und Plätzen gestaltet sein soll, dass es keine Werbung auf Sonnenschirmen geben darf oder wie Stühle und Tische auszusehen haben, die die Gastronomen nach draußen stellen - nämlich hochwertig.

Und das ist der Punkt, an dem die Meinungen auseinandergehen. Das Café Kostbar in der Duisburger Straße beispielsweise hat Bänke und Tische draußen stehen, die aus grobem Holz unter Verwendung von alten Schulpulten gezimmert sind. So manche finden, dass das eine pfiffige Idee ist. Stadtsprecher Horst Dickhäuser allerdings sieht das anders. "Das ist nicht das, was wir uns unter hochwertiger Gestaltung vorstellen", erklärte er. Stefanie Rüttgers, die gemeinsam mit Katina Anastassopoulos das Café betreibt, hat die Gestaltungssatzung gelesen, versteht aber die ganze Diskussion nicht. "Wir finden die Stühle und Bänke schön, unsere Gäste finden sie schön - wo ist das Problem?" Sie fände es ja richtig, dass bestimmte Dinge geregelt werden sollten, aber wenn eine Satzung so weitgehende Vorschriften machen wolle, finde sie das unverschämt. "Dann soll doch die Stadt Stühle und Tische kaufen und sie zur Verfügung stellen, dann hat sie es so, wie sie es haben will", sagt Stefanie Rüttgers. Mit ihr habe von der Stadt jedenfalls noch niemand gesprochen. Bis dahin warte sie die Dinge ganz gelassen ab.

Der Stadtsprecher wundert sich über den jetzt aufflammenden Protest gegen die Gestaltungssatzung. Die sei schließlich unter breiter Beteiligung der Betroffenen erarbeitet worden. Bei der Umsetzung werde der zuständige städtische Fachdienst im Dialog mit den Betroffenen und mit Fingerspitzengefühl vorgehen. Die städtischen Mitarbeiter hätten inzwischen am Neutor begonnen, Auswüchse bei der Außenpräsentation des Verkaufsangebots einzudämmen und würden sich jetzt nach und nach durch die Fußgängerzone arbeiten. Es werde aber sicher kein Gastronom gezwungen, von jetzt auf gleich Stühle und Tische komplett auszutauschen.

Glücklich mit der Gestaltungssatzung ist auch der Vorsitzende der Dinslakener Werbegemeinschaft, Jürgen Lange-Flemming nicht. Er sieht höhere Kosten auf Handel und Gastronomie zukommen und fürchtet einen gestalterischen "Einheitsbrei". "Mit uns hat auch vorher niemand gesprochen. Wir werden das Thema noch einmal aufgreifen", kündigt er an.

Dass das geschieht will auch die Unabhängige Bürgervertretung (UBV) im Dinslakener Rat. Sie hat einen Antrag auf den Weg gebracht, mit dem sie erreichen möchte, "dass die Gestaltungssatzung kurzfristig so modifiziert wird, "dass den berechtigten Belangen der betroffenen Händler und Gastronomen unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Gesichtspunkte weitergehend als bisher Rechnung getragen wird". Inzwischen, so schreibt UBV-Fraktionschef Heinz Brücker klagten zahlreiche Gewerbetreibende - insbesondere Gastronomen und Cafébetreiber - darüber, dass einige Festsetzungen der Satzung "wirklichkeitsfremd und überzogen" seien. Brücker nennt hier beispielsweise das Verbot von Werbung auf den Sonnenschirmen, was falls es umgesetzt würde, bei den Betroffenen hohe Kosten auslösen würde, weil sie dann die Sonneschirme aus eigener Tasche finanzieren müssen.

Brücker weist daraufhin, dass die Verwaltung vor dem Ratsbeschluss erklärt habe, dass die Erstellung des Gestaltungsleitfadens in enger Abstimmung mit den Eigentümern, Bewohnern und den örtlichen Gewerbetreibenden erfolgt sei. Hierdurch sei aus Sicht der UBV-Fraktion suggeriert worden, dass die anschließend von der Verwaltung vorgenommen Konkretisierung des Gestaltungsleitfadens im Einvernehmen mit den Betroffenen geschehen sei.

Dass die UBV-Fraktion, so deren Vorsitzender selbstkritisch, den Satzungsentwurf bei den Betroffenen nicht vorweg selbst hinterfragt hat, möge dem Vertrauen in die Verwaltung oder aber auch der eigenen Oberflächlichkeit geschuldet sein. Jedenfalls aber sollten die Beschwerden aus dem Kreis der Gewerbetreibenden der Politik Anlass genug sein, jetzt über Korrekturen der Gestaltungssatzung nachzudenken.

(RP)
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