Dinslaken Integration: Eyüp Yildiz redet Tacheles

Dinslaken · Dinslaken hat in der vergangenen Woche sein Integrationskonzept auf den Weg gebracht. Der stellvertretende Bürgermeister allerdings warnt vor zu viel Euphorie und beklagt mangelnde Konsequenz.

 Eyüp Yildiz, Dinslakens stellvertretender Bürgermeister, ist ein Mann, der auch unbequeme Überzeugungen vertritt.

Eyüp Yildiz, Dinslakens stellvertretender Bürgermeister, ist ein Mann, der auch unbequeme Überzeugungen vertritt.

Foto: Büttner, Martin (m-b)

Eyüp Yildiz ist dafür bekannt, dass er die Dinge beim Namen nennt. Und so hat der Sozialdemokrat sein Positionspapier, in dem er davor warnt, dass der Integrationsprozess in Dinslaken weiter in die falsche Richtung laufen könnte, konsequenterweise auch mit "Tacheles" überschrieben. Seine These: Integration - Yildiz spricht lieber von gerechter Teilhabe - wird solange nicht gelingen, wie es nicht gelingt, Kinder mit Migrationshintergrund auf das Leben in einer heterogenen Gesellschaft, wie unsere nun einmal eine sei, vorzubereiten. Und dies könne wiederum nur gelingen, wenn in den Kindergärten und Grundschulen für eben diese Heterogenität gesorgt wird. "Wir können und dürfen uns eine Schule wie die Lohberger Grundschule, in der der Migrantenanteil weit über 90 Prozent liegt, nicht mehr leisten", sagte Yildiz im Gespräch mit der RP. Gleiches gelte für Kitas.

Damit Frank, Murat, Ivan und Efraim zusammenwachsen, egal ob sie einen Migrationshintergrund haben oder aus sozial benachteiligten Familien stammen, müsste das Geld in die Heterogenität der Schulen und Kindergärten investiert werden, heißt es in seinem Positionspapier. Alles andere wäre lediglich das Verwalten eines riesigen Problems und würde nur dazu führen, dass später die zehnfachen Folgekosten einer falschen Integrationspolitik aufgebracht werden müssten.

Für Yildiz bedeutet dies in der Konsequenz, dass eine Schule wie die Lohberger Grundschule geschlossen werden und dafür gesorgt werden müsste, dass die Kinder an anderen Schulen unterrichtet werden, an denen sie die Heterogenität dieser Gesellschaft erleben könnten. Nur so könnten sie das "Wir-Gefühl" entwickeln, das es braucht, um sich dieser Gesellschaft zugehörig zu fühlen. Seit Jahren, so Yildiz, der in Lohberg lebt, gebe es die unterschiedlichsten Lösungsvorschläge und Masterpläne. Allein für die Integration in Lohberg hätten das Land Nordrhein-Westfalen und die Europäische Union in den vergangenen rund 14 Jahre über drei Millionen Euro investiert. "Hat es was gebracht", lautet Yildiz' rhetorische Frage. Die Arbeitslosenquote habe sich dort nicht verändert, die Bildungssituation sei weiterhin prekär, es gebe kaum Schüler, die aufs Gymnasium wechselten, in der Regel bleibe für Lohberger Schüler die Sekundarschule und wenn diese Schüler dann auf Arbeits- oder Ausbildungsplatzsuche gingen, erlebten sie nicht selten einen Kulturschock. Auf die Frage, ob im Laufe der Zeit eine Parallelgesellschaft entstanden sei, so Yildiz, müsse er heute leider mit ja antworten.

Alle Bemühungen der Vereine, der freien Träger und des Integrationsrates seien für sich genommen wichtig, schreibt Yildiz, doch würden diese lediglich an der Oberfläche kratzen, solange das eigentliche Problem nicht am Schopfe gepackt werde.

(RP)
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