Unsere Woche Jammerlappen im Dinslakener Rathaus

Dinslaken · Warum Dinslaken seine Rolle als Mittelzentrum selbstbewusst annehmen sollte, statt darüber zu lamentieren, dass das auch mit Arbeit verbunden ist.

Manches kann man offenbar einfach nicht oft genug sagen. In der vergangenen Woche hatten wir an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die Verantwortlichen im Rathaus gut beraten wären, sich gelegentlich etwas intensiver Gedanken darüber zu machen, welchen Eindruck ihr Tun so hinterlässt. Daran können wir heute nahtlos anknüpfen. Seit zwei Jahren gibt es immer mal wieder Beschwerden darüber, dass das Dinslakener Standesamt ungewöhnlich lange braucht, um eine Geburtsurkunde auszustellen, was für die betroffenen Eltern ein großes Problem darstellt. Und etwa genauso lange verspricht die Stadtverwaltung Besserung. In dieser Woche ging's um ein Weseler Elternpaar, das seit sieben Wochen auf die Geburtsurkunde seiner Tochter wartet, die im Sankt-Vinzenz-Hospital geboren wurde. Sicher, der Fall ist speziell, weil der Vater des Kindes eine Urkunde aus seinem Geburtsland Bangladesch beibringen musste. Und natürlich wird es so manchen Einzelfall geben, bei dem das Dinslakener Standesamt mit Recht darauf verweisen kann, dass die Bearbeitungszeit lange dauert, weil sich die Dinge nun einmal nicht immer nach Schema F erledigen lassen. Wenn allerdings über mehr als zwei Jahre immer wieder Klagen darüber laut werden, dass die Bearbeitung von Geburtsurkunden in Dinslaken ungewöhnlich lange dauert, dann legt das zumindest die Vermutung nahe, dass es sich um ein grundsätzliches Problem handelt, das die Stadt noch immer nicht nachhaltig lösen konnte. Das ist in diesem Fall aber gar nicht der Punkt. Mit großer Verwunderung darf man jedenfalls die Reaktion aus dem Dinslakener Rathaus zur Kenntnis nehmen. Der Stadtsprecher beließ es zur Erklärung nämlich nicht nur bei dem ja durchaus nachvollziehbaren Hinweis auf die komplizierte Gemengelage im Fall des Weseler Elternpaares, sondern hielt es auch noch für nötig, dies mit ein paar allgemeinen Anmerkungen zu versehen. Zum Beispiel die, dass das Dinslakener Standesamt im Jahr 2017 1039 Geburten beurkunden musste, wobei nur in 60 Fällen die Eltern aus Dinslaken kamen. Daran könne man erkennen, dass die Stadt eine "dramatisch hohe Zahl an Dienstleistungen für Bürgerinnen und Bürger übernimmt, die gar nicht in Dinslaken wohnen, sondern in einer anderen Stadt oder Gemeinde".

Ja, geht's noch?

Dinslaken hat für die umliegenden Kommunen nun einmal die Funktion eines Mittelzentrums, die die Stadt ja auch nicht stört, wenn die Kaufkraft aus den Nachbargemeinden in den hiesigen Handel fließt. Und die Ausstellung von Geburtskunden ist zumindest mittelbar doch schließlich auch eine Dienstleistung für die Menschen, die in Dinslaken als Geburtshelfer im Krankenhaus arbeiten und die sich offenbar einen so guten Ruf erarbeitet haben, dass Eltern bei der Entbindung gern und voller Vertrauen ihre Hilfe in Anspruch nehme. Darauf kann die Stadt doch eigentlich stolz sein. Doch das Rathaus jammert und schwadroniert von einer dramatisch hohen Zahl von Dienstleistungen für andere, wobei mal dahingestellt sein soll, ob der Vergleich mit anderen Städten in ähnlicher Funktion denn tatsächlich das Gejammer aus Dinslaken rechtfertigt. Nee, so vermittelt Dinslaken nun wirklich nicht den Eindruck einer kraftvoll und selbstbewusst in die Zukunft strebenden Stadt als die sie der Bürgermeister doch sonst immer gern mit markigen Worten verkauft.

Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: joerg.werner@rheinische-post.de

(RP)
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