Dinslaken Landschaft auf grauer Wand

Dinslaken · Graffiti am Bauzaun der Stadthalle: Unbekannte machen sich über die Stadt lustig. Die hat 40.000 Euro für die Einzäunung bezahlt und schon dreimal die Malerfirma rausgeschickt, um die Schmierereien wieder zu überstreichen.

 Kreativ? Oder bloß Sachbeschädigung? Alle paar Tage ziert immer dieselbe Ecke des Bauzauns rund um die Stadthalle ein neuer Schriftzug - und zuletzt sogar ein Bild, das laut Infoschild "40. 000 Euro" kosten sollte, also ebenso viel wie der hölzerne Bauzaun selbst.

Kreativ? Oder bloß Sachbeschädigung? Alle paar Tage ziert immer dieselbe Ecke des Bauzauns rund um die Stadthalle ein neuer Schriftzug - und zuletzt sogar ein Bild, das laut Infoschild "40. 000 Euro" kosten sollte, also ebenso viel wie der hölzerne Bauzaun selbst.

Foto: Anna Schäfer

220 Meter glatte graue Fläche - der neue Bauzaun um die leerstehende Kathrin-Türks-Halle entwickelt sich zur längsten illegalen Leinwand der Stadt. Nur wenige Tage dauerte es, bis der erste Schriftzug an der Wand erschien - und wieder verschwand. Bis ein neuer erschien. Mittlerweile hat sich das Ganze zum Running Gag entwickelt - zum Leidwesen der Stadtverwaltung, die jedes Mal eine Malerfirma bezahlen muss, um die Graffiti entfernen zu lassen.

Betroffen ist fast immer dieselbe Ecke der Wand an der Althoffstraße. "Erster!!", hatte jemand dort Schwarz auf Grau geschrieben, kaum, dass der Zaun stand. Am nächsten Werktag war der Schriftzug überstrichen. "Bitte streichen", forderte nur einen Tag später die nächste Inschrift auf - der die Stadt naturgemäß prompt nachkam. "Grau-sam", ätzte kurz darauf der unbekannte Graffitischreiber. Fand die Stadt auch - flugs war die Wand wieder grau.

Zuletzt nun zierte ein mit Holz gerahmtes Gemälde die graue Wand. Darauf: eine Landschaft hinter einer grauen Wand, auf der zwei Schriftzüge prangen: "Besser??" und "Erster!". Darunter informierte ein Schild wie im Kunstmuseum: "Titel: ,Landschaft mit Wand auf grauer Leinwand'. Unbekannter Künstler, 2016. Preis: 40 .000 Euro". Das Bild verschwand, die Info blieb.

Anna Schäfer wohnt in der Nähe der Kathrin-Türks-Halle und kommt täglich daran vorbei. "Der oder die machen auf die Verschwendung aufmerksam, die dort stattfindet", interpretiert sie. Eine Wand aus der natürlichen Ressource Holz, für 40 000 Euro, die später weggeworfen wird? Das muss nicht sein, meint sie und fragt: "Hätte man keinen Bauzaun leihen können?"

In den sozialen Medien wird die Kunst in der "Grau-Zone", wie Anna Schäfer die Ecke nennt, heftig diskutiert. Manche warten gespannt schon auf den nächsten Streich - nach dem Mayo-Mann habe Dinslaken nun einen "Graue-Wand-Mann", heißt es.

Andere ärgern sich über die Graffiti, weil diese ja nun einmal auf Steuerzahlerkosten entfernt werden müssen.

Die Künstlergruppe Urban Arts, die schon mehrere Unterführungen in Dinslaken gestaltete, hat der Stadt bereits ihre Hilfe angeboten. Ein weiterer Bürger verfüge über eine stattliche Anzahl alter Stadtansichten, mit denen die graue Wand ebenfalls gestaltet werden könne, so Stadtsprecher Horst Dickhäuser. Und die Schulen sollen schließlich auch noch eingebunden werden. In der kommenden Woche will die Stadtverwaltung das weitere Vorgehen beschließen, so Dickhäuser. Denn "das Problem ist erkannt", sagt er. Allerdings benötige man aufgrund der Länge ein Konzept zur Gestaltung der Wand. Eine Ecke für Bürger freizugeben - davon hält er wenig.

Bis das Konzept steht, werde jedes Graffito entfernt - und im Ernstfall auch geahndet.

Dreimal musste bisher eine Malerfirma engagiert werden, um die Schrift zu überstreichen, weil nur diese über den passenden Grauton verfüge.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort