Voerde Legere Salonmusik und feuriger Tango

Voerde · Der zweite Voerder Schlossabend präsentierte den Besuchern mit "Classik leger" eine Auswahl beliebter Popmelodien, Kompositionen von Bach und authentischer Musik aus Argentinien.

 Der zwölfjährige Jan Christoph Heßling bot brasilianische Rhythmen und Lautenmusik von Bach.

Der zwölfjährige Jan Christoph Heßling bot brasilianische Rhythmen und Lautenmusik von Bach.

Foto: Gerd Hermann

Dass Dirk Elfgen als Moderator auf die Krawatte verzichtete, war keine Nachlässigkeit, sondern ein Statement. Am zweiten Tag der Voerder Schlossabende sollte es bewusst "leger" zugehen. Und deshalb wurde das Klassik-Format auch nicht als Gala bezeichnet, obwohl dies durchaus zutreffend wäre, sondern einfach nur als "Classic leger".

Mit der Qualität des Dargebotenen hatte dies nichts zu tun, es war eher eine Frage der Einstellung zum Genre und die Auswahl des Repertoires. Heitere oder einfach nur beliebte Stücke aus der Vergangenheit wurden in einer bunten Zusammenstellung mit modernen Melodien im Sound des ausgehenden 19. Jahrhunderts gemischt.

Da gab es dann eher Rares wie die Fagott-Duette von Joseph Bodin de Boismortier (1689 - 1755) Seite an Seite mit ABBA als Salonmusik und authentischen argentinischen Tango. Das 17. Jahrhundert brachte nicht nur Johann Sebastian Bach hervor, sondern auch faszinierende Mode. Kornelia Borcsik und Norbert Gogh vereinten beides. Sie spielten Originalmusik und Bearbeitungen für zwei Fagotte unter anderem von Bach in prächtigen Barockkostümen. Ein Genuss fürs Auge und fürs Ohr sowieso. Denn in ihrer Auswahl fehlte ebensowenig das berühmte Air von Bach wie Spezialitäten wie ein Stück von Jean-Baptiste Besard, (1567 - 1617), der nicht nur Komponist, sondern auch Dr. jur. war.

Jan Christoph Heßling dagegen geht noch zur Schule. 12 Jahre alt ist der Kamp-Lintforter, man kann es eigentlich nicht oft genug betonen. Denn wenn man ihn Gitarre spielen hört, erlebt man Musik voller Reife. Egal ob Lautenmusik von Bach, brasilianische Rhythmen oder der geheimnisvolle Raum für Zwischenklänge, der neben dem Tempo den besonderen Reiz der spanischen Gitarrenmusik ausmacht, Jan Christoph Heßling interpretiert sie sicher. Was wäre ein Klassik-Open-Air ohne "o mio babbino caro". Sophie Schwerthöffer, Vierte beim "Supertalent 2014", studiert nun Gesang und gab davon ein paar Kostproben. Herr Rössler spielt nicht nur Klavier, er redet auch gerne. Da kann es sein, dass seine Ansagen so lang werden wie die Stücke, die sein Salonorchester, "sein Tiffany", spielt. Das verpasst selbst "Winnetou" den typischen Jahrhundertwendeklang mit Dauer-Tremolo, ein Spaß nach Noten.

Eis und heiß: Peter Keup und Melanie Bongert brachten klassischen argentinischen Tango auf die Bühne. Und nicht nur das: bei einer Gletschertour in Südamerika lernten sie Ceferino Chamoux kennen. Ein persönlicher Kontakt mit künstlerischen Folgen. So erlebte das Publikum Ceferino Chamoux als Sänger: eine authentische Stimme für Musik, die unter die Haut ging und ein i-Tüpfelchen für eine Gala, dessen musikalische Bandbreite so groß wie das Niveau des Gebotenen hoch war.

(RP)
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