Dinslaken Mein persönlicher Lauf: Das Ziel ist das Ziel

Dinslaken · Beim letzten Rennen über zehn Kilometer kämpfte sich auch RP-Mitarbeiter Henning Rasche ins Ziel des Sparkassen City-Laufs. Nach der Qual gibt es nichts Besseres als das Gefühl, im Ziel zu sein.

Impressionen von 9. Dinslakener City-Lauf
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Als die freundliche Frau mit dem Stirnband an der einen Ecke mir zum vierten Mal die Hand zum Einschlagen hinhält und fröhlich: "Einen schönen Sonntag noch!" wünscht, weiß ich, es kann nicht mehr ganz so lange dauern. Die Luft ist schon sehr rar geworden, die Knochen nicht mehr zu spüren und doch liegen noch die letzten zwei Kilometer vor mir. Kämpfen, irgendwie, sage ich zu mir selbst. Anderen, die stehen geblieben sind oder nur noch gehen, klopfe ich aufmunternd auf die Schultern und rufe: "Ist nicht mehr weit!" Doch vor allem spreche ich wohl zu mir selbst.

Vor einigen Jahren habe ich beim City-Lauf schon mal mitgemacht. Mein Sportlehrer hatte den gesamten Kurs gezwungen, die fünf Kilometer zu laufen. Was habe ich damals geflucht. Doch irgendwie bin ich beim Laufen hängen geblieben. Unregelmäßig schnüre ich mir die Schuhe und mache mich auf den Weg — mal am Rhein, mal am Rotbach. Nach einer Knieoperation im letzten Jahr wollte ich mich unbedingt wieder anmelden. Doch weil ich spät dran war und das Teilnehmerfeld für den Fünf-Kilometer-Lauf schon längst vollständig, meldete ich mich für die zehn an.

Ganz hinten stehe ich, als in reichlicher Entfernung der Bürgermeister den Startschuss gibt. Die Uhr steht schon fast bei einer Minute als ich die Startlinie überhaupt überquere. Egal. Gerade die ersten paar hundert Meter durch den Stadtpark treiben alle eher im Feld mit, als sich selbstständig im eigenen Rhythmus fortzubewegen. Nur nicht zu schnell starten, hatte ich mir vorgenommen. Die Luft musste lange reichen.

Meine zwei kleinen Ziele: nicht Letzter werden und, wenn möglich, unter einer Stunde laufen. Doch dafür gilt es zu ackern. Mitte der zweiten Runde sage ich zu meinem Laufpartner Stefan, den ich dann doch irgendwann ziehen lassen muss: "Fünf würden mir auch reichen." Doch Stefan baut mich auf, zieht mich mit, ich trabe brav nebenher.

Unterwegs ist es zwischendurch — trotz der Wehwehchen — wunderbar. Die Trommler an den Ecken hauen im Takt auf ihre Instrumente, lächeln aufmunternd. In der Mozartstraße stehen in jeder Runde die beiden kleinen Jungs mit Wuschelköpfen, die jedem, der passiert, ihre Hand reichen. Und auch die einzelnen Frauen und Männer, die pfeifen, hupen, klatschen, rufen, geben jedes Mal ein paar Meter mehr Kraft — sie sind ein Geschenk.

Ohnehin sind im Ziel alle irgendwie gleich. Da klatschen Ines und Anne mit mir ab. Malte und Michael, die ich ewig nicht gesehen habe, hauen mir auf die Schulter: "Wir haben's geschafft." Die Zeiten spielen keine Rolle, das Ziel ist das Ziel. Hauptsache ankommen, fallen lassen, Bananen essen und alkoholfreies Weizen trinken.

Es ist verrückt. So oft wurde ich vorher gefragt: "Warum tust du dir das an?" Ich zuckte stets mit den Schultern. "Für das Gefühl hinterher." Ja, jetzt im Ziel liegend, schwer atmend, erinnere ich mich daran. Dafür mache ich das.

Meine Ziele habe ich erreicht. 57:46 Minuten sind es geworden — weniger als ich zu hoffen gewagt hatte. Ich bin ans Limit gegangen. Und wohl ein Stück darüber hinaus.

(her)
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