Dinslaken Mit schwarzer Tusche in Fontanes Welt

Dinslaken · Künstlergespräch mit Barbara Grimm in der Lohberger Galerie Kleeblatt 399.

 Der Bleistiftskizze folgt die Tuschezeichnung: Barbara Grimm im Gespräch mit Kunstinteressierten.

Der Bleistiftskizze folgt die Tuschezeichnung: Barbara Grimm im Gespräch mit Kunstinteressierten.

Foto: Kunkel

Illustrationen sind Hingucker. "Ich lese nicht, ich schau mir immer nur die Bilder an", erklärte sogar einmal Andy Warhol. Was natürlich auch nur die überspitzt formulierte halbe Wahrheit ist. Texte und Illustrationen ergänzen sich im Idealfall, zeigen ein Geschehen im Einklang von Wort und Bild und interpretieren es zugleich mit eigenem Subtext. Aber das ist aus der Perspektive des Lesers beziehungsweise Betrachters aus beschrieben. Wie geht man als Künstler selbst an eine Illustration heran, die einerseits begleitende, eben bebildernde, Funktion hat und auf der anderen Seite ja doch autarkes Kunstwerk ist und bleibt? Barbara Grimm gab darüber einem interessierten Kreis Auskunft in der Galerie Kleeblatt 399 in Lohberg.

Ort und Zeit waren keineswegs zufällig gewählt. Barbara Grimm zeigt in der Galerie seit mehreren Wochen Illustrationen und Gemälde, überwiegend zu Büchern von Hans-Peter Fischer. Die Ausstellung nähert sich ihrem Ende, die roten Punkte an fast jedem zweiten Bilderrahmen zeigen, dass die Besucher die Bilder zum Mitnehmen schön fanden. Und weil es bereits bei der Vernissage so voll war, dass Barbara Grimm kaum jeden der Besucher persönlich begrüßen konnte, wurde das Künstlergespräch, das die langjährige Gymnasiallehrerin souverän alleine im Wechselgespräch mit dem Publikum führte, in der letzten Woche kurzfristig anberaumt.

Eigentlich bevorzugt Barbara Grimm die großen Formate, um den Pinsel mit lockerem, schwungvollem Strich zu führen. Eine Illustration jedoch verlangt eine festgelegte Form. Das Format bestimmt der Verleger über die Größe des Buches im Druck. Und aus Kostengründen verlangt er auch gerne Ausführungen in Schwarz-Weiß. Letzteres die kleinere Einschränkung: Die Andersen-Märchen, mit denen Hans-Peter Fischer Charaktere und Szenen von Theodor Fontane verglich, führte Barbara Grimm trotzdem in Farbe auf. Der Druckqualität in Grautönen tat es keinen Abbruch und die vielen, die jetzt bei den bunt kolorierten Tuschezeichnungen zuschlugen, wird es freuen.

Doch bevor das fertige Bild gedruckt oder vielleicht wie im konkreten Fall sogar als Original in einer Ausstellung zu sehen ist, geht zunächst das Manuskript des Autors durch die Hände der Künstlerin. So war es, als Hans-Peter Fischer seine Kindheitserinnerungen niederschrieb und Barbara Grimm, die derselben Generation angehört, die eigenen Bilder vom Büdchen an der Ecke und Schwimmenlernen-im-See in sich weckte. Seit 20 Jahren schreibt Fischer Fachbücher über Theodor Fontane oder auch einmal Thomas Mann. Bei der Illustration dieser Sekundärliteratur hält sich Barbara Grimm an die analysierten Romane. Und so taucht man beim Betrachten direkt in die Welt der Buddenbrooks oder von "Irrungen Wirrungen" ein. Es ist die Kunst Barbara Grimms, dass sie nicht nur einzelne Charaktere und Szenen mit Wiedererkennungswert wiedergibt, sondern auch die gesellschaftlichen Zwänge dahinter als Subtext anzudeuten vermag.

Bis diese Gedanken beim Betrachter hervorgerufen werden, hat sich Barbara Grimm bereits mehrfach mit dem Motiv, für das sie sich auf ihr Bauchgefühl verlassen kann, auseinandergesetzt. Der Bleistiftskizze folgt die Tuschezeichnung - manchmal auch mehrere Ansätze, wie sie freimütig bekennt. Dann kann es sehr schnell gehen, trotz der Doppelbelastung durch Schuldienst und Familie hat sie ihre Zeichenhand stets in der notwendigen Übung gehalten. Grauschattierungen in den Zeichnungen mit schwarzer Tusche auf weißem Papier werden durch Lavieren erzielt. "Ich habe eine Reihe kleiner Schnapsgläser mit Tusche und Wasser in unterschiedlichem Mischverhältnis vor mir stehen ", erklärt die Beuys-Schülerin die Technik.

Aber dauerhaft auf bunte Töne zu verzichten, ist für Barbara Grimm eben keine Option. In der Ausstellung hängen auch größere Landschaftsbilder. "Inhaltlich passen sie zur ,Kindheit am Niederrhein'. Aber ich habe sie vor allem ausgewählt, damit Farbe in die Ausstellung kommt."

(RP)
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