Analyse Mit Überzeugung links, wo das Herz ist

Dinslaken · RP-Serie Jung und neu im Rat: Cigdem Kaya, Linke Dinslaken

Analyse: Mit Überzeugung links, wo das Herz ist
Foto: Büttner

Wer sich mit Cigdem Kaya über Politik unterhält, dem kommt schon nach kurzer Zeit unwillkürlich ein Romantitel in den Sinn: "Links, wo das Herz ist". In dem 1952 erschienenen autobiografischen Werk entwirft Leonhard Frank das Bild eines Menschen, der von Kindheit an auf der Seite der Armen und Unterdrückten steht und in Wort und Tat ihren Kampf um menschlichere Lebensverhältnisse fördert. Das Buch ist heute nahezu vergessen, und auch die stellvertretende Vorsitzende der linken Fraktion im neuen Dinslakener Rat hat es, wie sie sagt, nicht gelesen, aber sein Titel taugt dennoch bestens als Überschrift über dem bisherigen politischen Leben der 27-Jährigen, so wie sie es versteht. Linke Politik ist ihr Herzenssache, "Gerechtigkeit" das Wort, das ihr am häufigsten über die Lippen kommt, wenn sie nach ihren politischen Zielen gefragt wird.

Schon früh hat sie sich für Politik interessiert, bei Diskussionen zu Hause, wie sie erzählt, immer ganz aufmerksam zugehört. "Mein Vater Dursan ist ein sehr politischer Mensch", berichtet sie. "Er hat immer sozial gerechte, linke Positionen vertreten, und so ist auch bei mir die Überzeugung gereift, dass unter den heutigen gesellschaftlichen Bedingungen linke Politik die beste ist, um die Probleme lösen zu können." 2007 ist sie in die Partei engetreten - gemeinsam mit ihrem Vater übrigens, der auch in Dinslaken politisch aktiv ist - im Integrationsrat. Festgemacht hat sie ihre Entscheidung für die Linke auch an deren Umgang mit dem Thema "Krieg und Frieden", das ihr auch wegen ihrer Herkunft besonders wichtig ist. "Ich bin Kurdin" sagt sie, "und die Politik der Türken gegenüber den Kurden hat mich dazu gebracht, mich mit internationalen Konflikten auseinanderzusetzen."

Auch wenn sie Politik aus vollem Herzen macht, ist sie ihre Themen immer auch rational angegangen. In Duisburg hat sie Politikwissenschaft studiert, "weil ich die wissenschaftliche Sicht auf politische Prozesse kennen lernen wollte". Nach Abschluss dieses Studiums, hat sie ein weiteres aufgenommen: "Europäische Integration und Globalisierung" in Marburg, was dazu führte, dass sie Dinslaken vorübergehend verließ. Jetzt ist sie auch mit diesem Studium fast fertig, schreibt an ihrer Abschlussarbeit, muss keine Vorlesungen und Seminare mehr besuchen und ist zurück in Dinslaken. Die Parteiarbeit hat sie immer begleitet. Sie war in Dinslaken Stadtverbandssprecherin, war im Kreisvorstand, hat sich im Jugendverband der Linken engagiert. Als sie 2010 wegen des Studiums nach Marburg zog, setze sie ihre Parteiaktivitäten nahtlos fort. Auch dort war sie im Kreisvorstand, zudem engagierte sie sich im Studentenverband der Linken.

Den Fragen nationaler und internationaler Politik will sie sich im Jugendverband der Partei weiter widmen, vor allem aber will sie sich jetzt in die Kommunalpolitik stürzen. Was sie daran reizt? "Die großen politischen Fragen muss man auch von unten anpacken", sagt sie. "Man muss die Basis mitnehmen, die Bürger aufklären und für linke Politik sensibilisieren und so dann Einfluss nehmen auf die Landes-, die Bundesebene und die internationale Politik." Und da bringt Cigdem Kaya auch wieder die Gerechtigkeit ins Spiel. "Natürlich ist es schön, wenn Dinslaken mit dem Bau der Neutor-Galerie einen wirtschaftlichen Erfolg melden kann, aber wir müssen auch darauf achten, dass es keine Verlierer gibt, nicht bei den anderen Händlern und nicht bei den Beschäftigten", sagt sie. Gute Arbeit für alle, das ist für sie ein weiteres großes Thema.

Den Traum von der Gesellschaft ohne Verlierer träumt sie jedenfalls unbeirrbar weiter, auch wenn man ihr vorhält, dass die Erfüllung ihrer Ideen doch eher im Reich der Utopie zu suchen ist. "Das ist keine Utopie. Ich glaube fest daran, dass es geht. Aber man braucht viele Mitstreiter, und es ist ein langer Weg." Mit ihrer Arbeit im Dinslakener Rat will sie dazu beitragen, dass ein paar Schritte auf diesem Weg getan werden.

(RP)
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