Dinslaken Mittelalterliche Weltkarte sucht Bleibe

Dinslaken · Der Sammler Klaus Prpitsch will der Stadt Dinslaken ein wertvolles Faksimile der weltberühmten Hereford-Weltkarte als Dauerleihgabe zur Verfügung stellen. Das Kleinod ließe sich gut in einer großzügigen Vitrine präsentieren.

 Im Mittelalter hat man sich die Welt noch anders vorgestellt, als sie auf dieser aktuellen Karte dargestellt ist. Ein Sammler will der Stadt eine mittelalterliche Weltkarte leihen.

Im Mittelalter hat man sich die Welt noch anders vorgestellt, als sie auf dieser aktuellen Karte dargestellt ist. Ein Sammler will der Stadt eine mittelalterliche Weltkarte leihen.

Foto: Screenshot RPO

Wenn es um "Juwelen der Buchkunst" geht, gilt der Sammler Klaus Prpitsch in Dinslaken als erste Adresse. Gut 200 Faksimiles sind in seinem Besitz, eine Auswahl davon war in den vergangenen Jahren in Ausstellungen der Stadtbibliothek zu sehen. Jetzt will er Dinslaken ein besonderes Kleinod als Dauerleihgabe zur Verfügung stellen: die "Hereford Map" — eine1,60 mal 1,10 Meter große Weltkarte. Sie zählt zum Weltdokumentenerbe der Unesco.

Die Entstehung ist kurz vor 1300 anzusetzen in oder um Hereford, einem Bischofssitz bei Lincoln (England), wo sie heute aufbewahrt wird. Vor gut zehn Jahren wurde die Karte restauriert. Gleichzeitig wurde sie wissenschaftlich untersucht, wobei man die ursprünglichen Farben rekonstruierte. Die Ergebnisse fanden Niederschlag in einer großartigen wertvollen Faksimile-Ausgabe, die jedem historischen Museum zur Zierde gereichte.

Problematisch ist die Größe, die eine besondere Vitrine erforderlich macht. So sucht das Exemplar aus Klaus Prpitschs Privatsammlung nun gemeinsam mit anderen Welt- und Seekarten eine dauerhafte Unterkunft. "Die Weltkarte benötigt dazu eine Vitrine zur Präsentation", sagt der Sammler. "Vielleicht könnte die Karte auch Teil der neuen Dauerausstellung im Museum werden." Möglicherweise sei auch das Archiv der geeignete Ort, um sie der Öffentlichkeit dauerhaft zu präsentieren.

Es würde sich lohnen: Mehrere tausend Eintragungen bedecken das bräunliche Pergament: Städte, Flüsse, Gebirge, Inseln, Figuren von Tieren, Menschen, Fabelwesen. Hinzu kommen die Ortsnamen, Erläuterungen zu Symbolen und Texte zu geschichtlichen bzw. biblischen Ereignissen in den jeweiligen Regionen der Welt. Die von einem ringförmigen Ozean umgebene Erde ist gegliedert in die Kontinente Asien (oben), Europa und Afrika. Wie ein enger Schlauch schiebt sich das Mittelmeer dazwischen, gesprenkelt von den großen und kleinen Inseln. Über allem thront Christus, der Weltenrichter. Zu seinen Füßen weisen zwei Engel auf die barbusige Jungfrau Maria. Innerhalb der Erdscheibe liegt kreisrund das Paradies, aus dem nach rechts Adam und Eva vertrieben werden.

Viel zu entdecken gibt es entlang der Gewässer: am Schwarzen Meer Konstantinopel, an der Adria Venedig, am Mittelmeer Alexandria, Sizilien und Kreta. Wörtlich genommen wurden vom Maler die "Säulen des Herkules" (Meerenge von Gibraltar) und als zwei Säulen auf einer Insel wiedergegeben. Im Mittelpunkt der Karte ist Jerusalem eingezeichnet als Zentrum einer christlichen Welt, Zielpunkt der mittelalterlichen Kreuzfahrerheere.

In Europa sind Paris, London und Rom zu identifizieren. Der Zug des Volkes Israel aus Ägypten ins gelobte Land ist als Schlangenlinie zu erkennen. In Phrygien wie in manchen anderen Gebieten sind Ungeheuer zu erkennen — "Biester", wie die Texte verraten — den Beschreibungen der antiken und frühchristlichen Autoren entsprechend. Bedingt durch den kleinen Maßstab findet man Dinslaken oder Nachbarstädte nicht auf der Karte, aber Magdeburg, Halberstadt und Bremen sind zu lokalisieren.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort