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Interview: Burhan Cetinkaya" "Müssen schlummernde Ressourcen entdecken"

Dinslaken · Wie Dinslakens Integrationsbeauftragter das vom Rat beschlossene Integrationskonzept umsetzen will.

Dinslakens Integrationsbeauftragter Burhan Cetinkaya bereitet eine große Veranstaltung zum Integrationskonzept vor.

Dinslakens Integrationsbeauftragter Burhan Cetinkaya bereitet eine große Veranstaltung zum Integrationskonzept vor.

Foto: Martin Büttner

Herr Cetinkaya, als Integrationsbeauftragter wollen Sie sich jetzt an die Umsetzung des vom Rat beschlossenen Integrationskonzepts machen. Dazu gibt es am Freitag, 25. September, eine große Auftaktveranstaltung in der Kathrin-Türks-Halle. Was erhoffen Sie sich davon?

Burhan Cetinkaya Ich habe zu Beginn meiner Tätigkeit einen Fragebogen erstellt und mit diesem Fragebogen dann 85 Gespräche mit Vereinen, Verbänden, Institutionen und anderen Akteuren im Integrationsprozess geführt und möchte die Ergebnisse am 25. September vorstellen. Ich hoffe, dass viele dieser Akteure zu der Veranstaltung kommen. Diese Fragebogen haben sieben Oberthemen gehabt. Mich hat interessiert, was die Akteure bereits jetzt zum Integrationsprozess beitragen, was sie konkret machen, welche Kooperationsstrukturen es gibt. Ich wollte wissen, wie sie das Thema Integration beurteilen, welche Probleme sie sehen, was läuft schon gut, und vor allem wollte ich erfahren, welche Handlungsmöglichkeiten sie sehen. Es gibt zum Beispiel bei der Sprachförderung auch ein Problem bei den Eltern. Ich wollte erfahren, was wir konkret gemeinsam tun können, um das Problem zu verringern. Ich wollte wissen, wie die Menschen selbst die Probleme angehen würden, und ich habe auch gefragt, bei welchen Themenfeldern des Integrationskonzepts Interesse besteht an einer gemeinsamen Zusammenarbeit, und ich habe sehr viele Vorschläge bekommen. Die sind die Basis für die Umsetzung des Integrationskonzepts, das diese Probleme anspricht. Jetzt müssen konkrete Handlungsschritte erfolgen.

Wo sehen Sie nach der Auswertung der Fragebögen den dringendsten Handlungsbedarf?

Cetinkaya Das kann ich in vier Hauptthemen zusammenfassen. 1. Bildung und Sprache. 2. Zusammenleben. 3. Eltern. 4. Jugend. Diese Bereiche wurden von den Akteuren am häufigsten benannt. Und für mich hat es natürlich deswegen Priorität, in diesen Bereichen etwas zu erreichen.

Wie muss man sich das vorstellen, beispielsweise beim Stichwort Eltern?

Cetinkaya Hier geht es darum, dass sich die Eltern mehr um das Bildungssystem kümmern und darum, welche Möglichkeit es ihren Kindern bietet. Engagement der Eltern ist da, aber es sollte noch stärker werden. Sie sollten sich mehr in die Arbeit der Kitas und Schulen einbringen. Dazu gehört aber auch, dass dort eine professionelle Elternarbeit betrieben wird. Beim Thema Zusammenleben wurde zum Beispiel gesagt, dass wir mehr Projekte für das Miteinander brauchen. Es gibt Projekte in unterschiedlichen Varianten, aber wichtig wäre, dass die Themen verstärkt gemeinsam behandelt werden. Mein Ziel ist es, solche Projekte zu entwickeln.

Was wäre für Sie so ein Projekt?

Cetinkaya Ein wichtiges Projekt, das wir jetzt schnell angehen werden, ist die Kampagne "Vorbilder". Wir möchten erfolgreiche Dinslakenerinnen und Dinslakener mit Migrationshintergrund vorstellen, ihre Biografien öffentlich machen. Diese Menschen können Vorbilder in den Migranten-Communities sein, weil sie ähnliche Sozialisationsgeschichten haben und es geschafft haben, Arzt zu werden, Lehrer zu werden, es geschafft haben, eine gute Ausbildung abzuschließen und Unternehmer zu werden. Sie können als Vorbild dienen für die Eltern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund, aber auch für die einheimische Gesellschaft, die sehen soll, dass es auch viele Migranten gibt, die erfolgreich hier leben und unsere Gesellschaft in jeder Hinsicht bereichern. Ziel ist natürlich auch, diese erfolgreichen Migranten als Paten für Projekte zu gewinnen. 21,1 Prozent der Dinslakener haben einen Migrationshintergrund, bei den unter 18-Jährigen sind es fast 30 Prozent. In Dinslaken leben 111 Nationen. Die Vielfalt ist unserem Alltag, die Vielfalt in positivem Sinne. Hier verfügt unsere Gesellschaft über so viel schlummernde Ressourcen, die wir entdecken müssen.

Sie sind seit fünf Monaten in Ihrem Amt und mussten erleben, dass Dinslaken landauf, landab als Salafisten-Hochburg durch die Medien geistert. Wie geht man damit um, als jemand der die Integration vorantreiben möchte?

Cetinkaya Das ist natürlich ein spezielles Problem. Es wird erster Linie darum gehen, Jugendlichen Perspektiven zu geben. Dinslaken tut hier ja schon einiges. Wir sind auch in ganz engen Gesprächen mit muslimischen Vereinen und Organisationen. Man muss aber auch sehen, dass für diese Vereine selbst das Problem relativ jung ist. Das Thema "gewaltbereiter Salafismus" gab es vor zehn Jahren nicht, und bei den muslimischen Vereinen und Organisationen gibt es, wie ich in vielen Gesprächen erfahren habe, eine gewisse Hilflosigkeit, wie man dem Phänomen begegnen kann. Sie brauchen hier auch Unterstützung. Wir sind aber guter Dinge, dass wir in den nächsten Monaten gemeinsam viele Projekte realisieren werden. Die muslimischen Vereine haben uns ihre engagierte Hilfe zugesagt.

Was ist Ihnen bei der Umsetzung des Integrationskonzepts besonders wichtig?

Cetinkaya Wir wollen eine hohe Beteiligung schaffen, nicht nur mit ein paar Akteuren, ein paar Projekte auf den Weg bringen. Wir wollen wirklich viele Menschen mitnehmen, das ist mir auch persönlich ganz wichtig. Nur so kann der Integrationsprozess erfolgreich sein. Wir planen für das nächste Jahr zum Beispiel ein großes interkulturelles Fest - und zwar in der Innenstadt. Die Menschen aus Lohberg, aus Hiesfeld und den anderen Ortsteilen sollen zusammenkommen und diese interkulturelle Vielfalt erleben.

DAS GESPRÄCH FÜHRTE JÖRG WERNER

(RP)
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