Analyse "Othello ist die Chance meines Lebens"

Dinslaken · Hintergrund Warum Adnan G. Köse in Dinslaken Shakespeare inszenieren will und Dave Kaufmann die Titelrolle spielen wird.

 Die Messlatte liegt hoch für Regisseur Adnan G. Köse (links) und seinen Hauptdarsteller Dave Kaufmann.

Die Messlatte liegt hoch für Regisseur Adnan G. Köse (links) und seinen Hauptdarsteller Dave Kaufmann.

Foto: Olaf ostermann

Wenn schon Shakespeare, dann Tragödie. Und wenn schon Tragödie, dann Othello. Adnan G. Köse traut sich was. Der Dinslakener Regisseur und Autor ist bekannt dafür, dass er gern volles Risiko fährt, Grenzen auslotet, auch die eigenen. Das hat er zuletzt vor zehn Monaten getan, als ihm mit Jon Fosses Beziehungsdrama "Da kommt noch wer" ein großer Wurf auf der Theaterbühne gelang. Genau dort meldet sich Köse jetzt mit "Othello" zurück — einem Stück über Hass, Intrigen, Eifersucht und Rassismus.

Und wie bei seiner vergangenen Inszenierung, als Köse Irma Barry-Schmitt und Richard Sammel verpflichtete, landet er auch jetzt wieder einen Überraschungscoup: Dave Kaufmann, Sohn des 2012 verstorbenen Schauspielers Günther Kaufmann, soll den "Mohr von Venedig" spielen. Premiere ist am 25. Oktober 2014 in der Kathrin-Türks-Halle in Dinslaken. Tags drauf gibt es eine zweite Aufführung.

"Diese Rolle ist die größte Chance meines Lebens", sagt der 44-jährige Kaufmann, der es vom Fensterputzer über die Teilnahme beim RTL-Supertalent zum gefragten Swing-Musiker und Schauspieler gebracht hat. Dann erzählt er, dass in seinem Leben nicht alles rund gelaufen ist. Dass er geweint hat, als er im Zug unterwegs war und Köse angerief und ihn fragte, ob er sich vorstellen könne, den Othello zu spielen. "Papa hätte gewollt, dass ich diesen Schritt gehe", sagt Dave Kaufmann. "Ich bin ein guter Sänger und kann auch ein guter Schauspieler sein. Ich weiß, dass ich das packe."

Die erste Begegnung mit Othello? Kaufmann lächelt. Die war in Portugal, in der Nähe von Faro, wo er seinen Vater mal besucht hat. Günther Kaufmann stand am Swimmingpool und rezitierte Shakespeare. Das hat den Jungen damals schwer beeindruckt. Zurück in München, las er den Text, lernte ihn auswendig und fand fortan sehr viel Freude daran, sich selbst und seine Arbeitskollegen beim Fensterputzen mit Shakespeare-Versen zu unterhalten.

Adnan G. Köse wollte die 1603 verfasste Tragödie schon immer mal auf die Bühne bringen. Früher fühlte er sich dafür zu jung. Jetzt ist die Zeit reif. "Es wird ein militärisches Stück", sagt der Regisseur. Keine Plüschbühne, keine unnötigen Requisiten. Den Originaltext will er einkürzen, die Subtexte herausarbeiten, das Emotionale betonen — selbstverständlich. Der Regisseur ist noch ganz am Anfang von dem, was mal eine spannende Inszenierung werden soll. Die einzelnen Charaktere müssen entwickelt, weitere Rollen besetzt werden. Den Othello will er ganz auf Dave Kaufmann zuschneiden. Was sein Hauptdarsteller im richtigen Leben erlebt hat, seine Schicksalsschläge, seine Ängste, seinen starken Willen, sich vom Leben nicht unterkriegen zu lassen, soll er in seine Rolle einbringen. Davon lebt gutes Theater, sagt Köse und fügt hinzu, dass auch Rassismus und Toleranz in "seinem" Shakespeare eine große Rolle spielen werden.

Das ist das Stichwort für Dave Kaufmann. Er erinnert sich daran, dass er Kind als "Negerbub" beschimpft wurde und im Sommer langärmlige Pullover trug, um an den Armen nicht braun zu werden. Er erzählt auch, dass er sich als kleiner Junge für die Hautfarbe seines Vaters, der als Sohn einer Deutschen und eines US-amerikanischen Soldaten geboren wurde, geschämt hat.

Dave Kaufmann und Adnan G. Köse kennen sich seit etwa zwei Jahren. Sie sind Freunde. Vertrauen ist für beide eine wichtige Voraussetzung, damit dieser Othello erfolgreich wird. "Dave soll an seine Grenzen gehen", sagt Köse. Er selbst will das auch. Vom Publikum in der Kathrin-Türks-Halle verlangt der Regisseur nicht mehr, als dass es restlos begeistert ist von etwas, das es bisher noch nie gesehen hat. Sollte dieser Fall eintreten, geht das Theaterstück im Anschluss an die Dinslaken-Premiere (der Vorverkauf startet im Dezember) auf Tour. Und 2015 kommt es als Freilichtinszenierung ins Dinslakener Burgtheater.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort