Unsere Woche Politik muss begreifen, dass der Fehler im System liegt

Dinslaken · Warum die Diskussion um die Sparkassenfusion eine große Chance für die Politik war, und warum sie diese Chance leider verspielt hat.

Sind Sie auch so froh, dass sich die Politik in Dinslaken, Voerde und Hünxe in die Sommerpause verabschiedet hat? Mal ehrlich. Das Schauspiel, das die Räte in den Kommunen in Sache "Sparkassenfusion" geboten haben, bevor sie sich in die Ferien verabschiedet haben, war doch wirklich kaum auszuhalten. Möglichst wenig Fragen gestellt, schon gar nicht die nach der Verantwortung für das finanzielle Desaster der Sparkasse Dinslaken-Voerde-Hünxe, noch weniger Fragen beantwortet, die Fusion mit der Verbands-Sparkasse Wesel in Nullkommanix durchgepaukt - und Tschüss. Das war's. Jetzt muss Ruhe sein. Jetzt wird nur noch nach vorn geguckt. Und wenn die Ferien zu Ende sind, wird der Bürger schon vergessen haben, was gewesen ist. So ungefähr dürften sich die Damen und Herren Politiker - jedenfalls die Mehrheit von ihnen - das vorstellen. Und das Schlimme daran ist, ihr Kalkül könnte tatsächlich aufgehen. Die negativen Folgen der Fusion - und die wird's geben - werden den Bürgern und Sparkassenkunden soweit möglich verschwiegen oder nur in homoöpathischen Dosen verabreicht, ansonsten lässt man Gras über die Sache wachsen. Die nächste Fusionsdiskussion kommt mit ziemlicher Sicherheit eines Tages sowieso. Dabei wäre die Sparkassenkrise doch eigentlich die Gelegenheit gewesen, den Bürger in all seiner Politikverdrossenheit abzuholen. Politik hätte hier einmal beweisen können, dass sie auch mal selbstkritisch auf das System gucken kann, in dem sie gefangen ist, dass sie Transparenz meint, wenn sie von Transparenz redet, dass sie Fehler macht, bereit ist, dafür die Verantwortung zu tragen und Konsequenzen zu ziehen. Und dabei geht es nicht einmal um persönliche Konsequenzen von dem einen oder der anderen. Schön wär's halt gewesen, wenn der Bürger einmal erlebt hätte, dass sich Politik auch einmal selbst in Frage stellen kann, anstatt davon nur in Sonntagsreden zu schwadronieren. Die Chance war da, sie ist vertan. Das ist umso bedauerlicher, als doch die meisten Politiker - insbesondere die, die das Geschäft ehrenamtlich und für eine vergleichsweise geringe Aufwandsentschädigung betreiben - mit großem Einsatz und Ernst bei der Sache sind. Schade, dass sie all denen, die immer nur meckern, aber selbst nicht zur Schüppe greifen wollen, immer wieder Munition für ihre Kritik liefern.

Alle, die ein politisches Ehrenamt ausüben, verdienen zunächst einmal Respekt. Sie müssen sich aber darüber im Klaren sein, dass sie diesen Respekt im Amt stets aufs Neue verdienen müssen. Das System der politischen Aufsichtsräte - das hat die Causa Sparkasse deutlich belegt - gehört dringend reformiert. Bisher findet die Politik in ihrer Mehrheit nicht einmal die Kraft, darüber nachzudenken.

Manchmal muss allerdings auch Politik ganz grundsätzlich die Frage nach Fehlern im System stellen, wenn sie nicht das System als solches gefährden will.

Aber wer weiß, die Ferien sind ja auch für Politiker eine Zeit des Atemholens. Vielleicht nutzen sie sie ja, um in sich zu gehen. Das ist - zugegeben - angesichts der Erlebnisse vor der Sommerpause eine mehr als vage Hoffnung, aber die stirbt ja zuletzt.

Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende.

JÖRG WERNER

(RP)
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