Ulrich Petroff Und Ralf Berensmeier "Riesiges Problem, Pflegekräfte zu finden"

Dinslaken · Im Weseler Kreishaus suchen Experten nach Lösungen, wie man bis zum Jahr 2030 rund 4000 Menschen für eine Tätigkeit im Bereich Betreuung von Demenzkranken begeistern kann. Zumal die Zahl der Schulabgänger um 30 Prozent sinken wird.

 Kreisdirektor Ralf Berensmeier (r.) und Ulrich Petroff, im Weseler Kreishaus Experte im Bereich Besondere soziale Dienste, sprechen davon, dass in den nächsten Jahren die Zahl der Pflegefachkräfte kreisweit von derzeit 2000 auf 4000 steigen muss.

Kreisdirektor Ralf Berensmeier (r.) und Ulrich Petroff, im Weseler Kreishaus Experte im Bereich Besondere soziale Dienste, sprechen davon, dass in den nächsten Jahren die Zahl der Pflegefachkräfte kreisweit von derzeit 2000 auf 4000 steigen muss.

Foto: Malz

Wesel Kaum eine Berufssparte wird in den nächsten Jahrzehnten so krisensicher sein wie der Bereich der Pflege. Das hängt vor allem auch damit zusammen, dass die Zahl der alleinstehenden Menschen, die wegen dementiellen Erkrankungen in ein Pflegeheim umziehen müssen, weiter steigen wird. Kreisdirektor Ralf Berensmeier und Ulrich Petroff, im Kreishaus Experte im Bereich Besondere soziale Dienste, sprechen davon, dass bis 2030 die Zahl der Pflegefachkräfte kreisweit von derzeit 2000 auf 4000 steigen muss.

Wer in der Pflege tätig sein will, muss mitunter schwer heben, abends und an Wochenenden arbeiten und wird auch nicht unbedingt fürstlich entlohnt.

uLRICH PETROFF Der Beruf ist eine Berufung, denn er ist körperlich und psychisch sehr anspruchsvoll. Altenpflegekräfte erhalten aber viel von dem, was sie geben, von den alten Menschen zurück. RALF BERENSMEIER In den Altenpflegefachseminaren werden diese Kräfte optimal ausgebildet. Davon profitieren die Einrichtungen und natürlich vor allem die Pflegebedürftigen.

Wie wollen Sie in Zeiten des demografischen Wandels genügend junge Leute für Tätigkeiten in der Pflege gewinnen?

petroff Das ist ein sehr großes Problem, zumal die Zahl der Schulabgänger in den nächsten 15 Jahren um 30 Prozent abnimmt. BERENSMEIER Es ist jetzt wichtig, Berufe in der Altenpflege attraktiver zu machen und dafür zu werben. Dazu werden wir 2016 verstärkt den Kontakt zu den Schulen suchen im Rahmen des Landesprojektes "Kein Abschluss ohne Anschluss".

Wenn Sie aber die Arbeit in der Pflege mit Hilfe von Marketingleuten rosarot darstellen lassen, befürchten Sie dann nicht, dass junge Leute in der Ausbildung einen Praxisschock bekommen und sich etwas anderes suchen?

petroff Man muss natürlich darauf achten, nichts rosarot darzustellen. Es muss darum gehen, die jungen Menschen altersangemessen über dieses Berufsfeld zu informieren. BERENSMEIER Um den Bedarf decken zu können, wird es nicht reichen, sich nur um die Schulabgänger zu bemühen. Wir müssen verstärkt versuchen, Umschüler zu gewinnen, die bereits in anderen Bereichen Berufserfahrung gesammelt haben.

Was ist mit der großen Zahl an Migranten, die auf dem Arbeitsmarkt nicht unbedingt die besten Karten haben?

petroff Richtig, alle Menschen mit - ich nenne das einmal Zugangshindernissen - müssen wir ansprechen und bei Eignung auch für Pflegeberufe gewinnen. Denn wir haben etwas zu bieten: beispielsweise einen krisensicheren Beruf - jedenfalls in den nächsten 50 Jahren. Und Elemente wie verlässliche Lohnzahlung und zusätzliche Altersvorsorge dürfen dabei auch nicht vergessen werden.

Gibt es eigentlich genügend Ausbildungsplätze?

Berensmeier Da sprechen Sie noch ein Problem an, mit dem wir uns beschäftigen müssen. Wir müssen das Land dazu bewegen, verstärkt in die Fachseminare zu investieren. Der Kreis Wesel betreibt übrigens als freiwillige Leistung ein Fachseminar für Altenpflege mit insgesamt neun Klassen à 28 Schülerinnen und Schülern, obwohl wir selbst kein Pflegeheim unterhalten. Erst im vergangenen Jahr haben wir eine neunte Klasse gegründet.

Sie bilden also Nachwuchs für die Heime aus.

Petroff Ja, für die aktuell 46 Heime mit ihren 4413 Plätzen, die 22 Tagespflegeeinrichtungen mit insgesamt 317 Plätzen und für die rund 66 ambulanten Dienste. Diese Zahlen werden übrigens noch steigen.

Ich gehe mal davon aus, dass alle Heimplätze derzeit belegt sind

Berensmeier Es gibt Wartelisten, weil in den Heimen im Kreisgebiet auch viele Senioren aus Duisburg, Oberhausen und Krefeld wohnen, deren Kinder im Kreis leben.

Seit Jahren gilt beim Kreis die Devise "Ambulant vor stationär". Doch wo bekomme ich die nötigen Informationen, wie man die Pflege in den eigenen vier Wänden organisieren kann?

Petroff Es gibt die Demenz- und Pflegeberatung im Kreis Wesel, links- und rechtsrheinisch. Die genauen Adressen gibt's im Internet unter www.pflege-kreis-wesel.de. Infos gibt's auch unter der Rufnummer 0281 2070.

KLAUS NIKOLEI FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort