Evangelisches Klinikum Niederrhein Spezialist für Herzensangelegenheiten

Dinslaken · Ist das Herz stark geschwächt, helfen Unterstützungssysteme oder Kunstkerzen die Zeit bis zu einer Transplantation zu überbrücken. Das sind die Fälle für Prof. Dr. Reiner Körfer und sein Team.

 Prof. Dr. Reiner Körfer hält zwei verschiedenartige Kunstherzen in den Händen. Sie können dabei helfen, dass Patienten die Zeit bis zu einer Transplantation überleben.

Prof. Dr. Reiner Körfer hält zwei verschiedenartige Kunstherzen in den Händen. Sie können dabei helfen, dass Patienten die Zeit bis zu einer Transplantation überleben.

Foto: CHRISTOPH REICHWein

Jeden kann es treffen! Mehr als zehn Millionen Menschen in Europa leiden an einer Herzmuskelschwäche, der sogenannten Herzinsuffizienz, eine der häufigsten internistischen Erkrankungen weltweit. In Deutschland wird die Zahl der Patienten mit Herzschwäche auf zwei bis drei Millionen geschätzt. Etwa 300 000 Fälle kommen jedes Jahr neu hinzu, 50 000 Patienten sterben jährlich an dieser Krankheit.

Ist das Herz so weit geschwächt, dass die Pumpfunktion gerade noch ausreicht, um den Körper am Leben zu halten, spricht man von "terminaler Herzinsuffizienz". In solchen Fällen hilft nur noch ein Unterstützungssystem oder eine Transplantation. "Der Traum eines jeden Patienten, dessen Herz nicht mehr kann, ist es, ein neues Herz implantiert zu bekommen," berichtet Prof. Dr. med. Dr. h.c. Reiner Körfer, Chirurgische Therapie der terminalen Herzinsuffizienz und Kunstherzversorgung am Evangelischen Klinikum Niederrhein in Duisburg- Fahrn. "Das kann man aufgrund vielfältiger Nebenerkrankungen oft nicht machen", so Körfer weiter. "Für solche Patienten kommt ein Herzunterstützungssystem oder auch ein Kunstherz entweder zur Überbrückung bis zur endgültigen Transplantation oder als Dauerlösung infrage." Angesichts sinkender Spenderherzzahlen sind alternative Therapien dringend erforderlich.

Nur wenige Spezialisten in Deutschland

Ursachen eines solch schwerwiegenden Herzleidens sind nicht selten ein Herzinfarkt, Durchblutungsstörungen, Erkrankungen des Herzmuskels (sogenannte Kardiomyopathien), komplexe angeborene Herzfehler oder der Alterungsprozess. Prof. Körfer und sein Kollege Prof. Dr. med. Gero Tenderich gehören zu den wenigen Spezialisten in Deutschland, die solche Patienten mit Unterstützungssystemen und Kunstherzen behandeln, die mit konventionellen Maßnahmen nicht mehr zu heilen sind.

Lediglich 327 Herztransplantationen wurden bundesweit im vergangenen Jahr an deutschen Kliniken vorgenommen. Dem gegenüber erreichte die Zahl der Implantationen von Herzunterstützungssystemen mit 835 und 25 Kunstherzen einen neuen Höchststand. Körfer: "Eine derartige Operation ist schon ein sehr großer Eingriff in die körperliche Unversehrtheit. Die Implantation des Kunstherzens bedeutet - anders als beim Unterstützungssystem -, das eigene Herz wird entfernt und durch ein Kunstherz ersetzt. Dieses künstliche Organ verbraucht sehr viel Energie. Keine Batterie ist klein genug, dass sie implantiert werden kann."

Eine entsprechende Batterie versorgt das Herz also von außerhalb des Körpers und muss immer mitgeführt werden. "Immerhin können die Patienten mit solch einem System rund zweieinhalb Jahre überleben und sind Kandidaten auf der Warteliste für eine Herztransplantation", so Körfer weiter.

Lebensqualität der Betroffenen steigern

Beim Unterstützungssystem handelt es sich um eine kleine Pumpe, die die linke Herzkammer unterstützt. Auch in diesem Fall erfolgt die Energieversorgung von außerhalb des Körpers. Dies bedeutet natürlich erhebliche Einschränkungen im täglichen Leben des Patienten, die auch vom Partner und anderen Familienangehörigen mitgetragen werden müssen. "Aber es lohnt sich", bekräftigt Körfer. "Die Lebensqualität der Betroffenen wird deutlich gesteigert und die Lebenserwartung erheblich verlängert."

Der Rentner Bringfried Steinegg (58) aus Gelsenkirchen berichtet: "Nach zwei überstandenen Herzinfarkten saß ich nur noch am Fenster. Der eingesetzte Herzschrittmacher mit Defibrillator war auch keine Dauerlösung. Vor zwei Jahren bekam ich dann von Prof. Körfer ein Unterstützungssystem implantiert. Ich darf zwar nicht mehr schwimmen und muss extreme Temperaturen und elektromagnetische Felder meiden, kann aber sonst alles machen, was ich möchte - sogar Sport. Man arrangiert sich eben. Aber ich lebe noch."

Neues Kunstherz noch in der Versuchsphase

In Zusammenarbeit mit der TH Aachen entwickeln Prof. Körfer, Prof. Tenderich und ihr Team ein neues Kunstherz, das sich derzeit bereits in der Versuchsphase mit Kälbern befindet und in etwa zwei Jahren zur Verfügung stehen wird. "Wir werden dann ein sehr viel kleineres, sehr viel leiseres Kunstherz mitsamt seiner Batterie implantieren können, das für die Patienten ein deutliches Plus an Lebensqualität bedeuten wird", erläutert der Mediziner.

Als Schirmherr steht Körfer der Selbsthilfegruppe Bridge2Life (Brücke zum Leben) seit ihrer Gründung in den frühen 90er Jahren vor. Dieser Interessenverband eint Patienten, die an einer terminalen Herzinsuffizienz erkrankt sind und eine Herztransplantation oder ein Herzunterstützungssystem benötigen oder bereits haben. Hier erhalten Betroffene und ihre Angehörigen Unterstützung und persönliche Beratung sowie Aufklärung über Therapiemöglichkeiten. In Kooperation mit Ärzten und Herzzentren finden regelmäßige Gruppentreffen und Arzt-Patienten-Gespräche statt.

Darüber hinaus ist dem Verband die Aufklärung einer breiten Öffentlichkeit mit zahlreichen Veranstaltungen und Publikationen wichtig.

(RP)
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