Voerde Sprachwandel in Voerde

Voerde · Dr. Georg Cornelissen referierte im Rathaussaal über die Ursprünge des Plattdeutschen in der Region und legte dabei niederländische Wurzeln frei.

Schon bevor der Vortrag losgeht, gibt es schon das erste Gespräch unter Fachleuten: Dr. Georg Cornelissen, Leiter der Abteilung Sprachforschung im Institut für rheinische Landeskunde, trifft auf das Hünxer Urgestein und Plattsprecher Karl Neuköther, besser bekannt als "Stelten Karl". Nach dieser kleinen Expertenrunde beginnt dann der Vortrag über die Sprache in Voerde und die hat ganz besondere Wurzeln.

Mittel-Niederländisch

"Dass Niederländisch früher mal die eigene Sprache war, ist den Menschen auf der anderen Rheinseite eher bewusst als den Menschen hier", sagt Dr. Cornelissen. Mittel-Niederländisch heißt die Sprache, die früher von Njimwegen bis Hünxe gesprochen wurde und noch darüber hinaus. "Wenn Sie früher aus den Niederlanden bis nach München gewandert wären, hätten Sie keine wirkliche Sprachgrenze erlebt, sondern nur leichte Veränderungen im Sprachgebrauch", sagt der Sprachforscher. Als Beleg dafür hat er den Text eines höfischen Romans und einer Urkunde aus Spellen, die ganz klar eher nach Niederländisch denn nach Deutsch aussehen.

Importware Hochdeutsch

Das, was wir heute als Hochdeutsch kennen, wurde laut Dr. Cornelissen erst im 16. Jahrhundert an den Niederrhein importiert. "Man hat sich diese Sprache ausgewählt", sagt der Sprachforscher. Die Gründe dafür sind ganz unterschiedlich: geografische Lage, die Entwicklung des Lesens und Schreibens aber auch der Buchdruck spielten eine Rolle. "Für uns hier waren auch die Staatsgründung der Niederlande und die Religion wichtig", sagt Cornelissen. Denn die evangelischen Christen in Voerde sprachen vor allem Hochdeutsch und stellten die Mehrheit der Bevölkerung.

Auf der anderen Rheinseite sah dies anders aus. "In Issum gab es sehr viele Calvinisten und die sprachen Niederländisch", gibt Cornelissen einen kleinen Ausblick in die Geschichte. Relikte der Sprachen aber auch Spuren der Veränderungen finden sich heute noch in Namen. So wurde "Kaet" (Kaat) oder Kate in Voerde zum "Kath", das sich heute noch in vielen Straßennamen findet.

Cornelissen glaubt, dass die regionalen Dialekte in Zukunft aussterben werden. "Wenn man etwas für das Plattdeutsche hätte machen wollen, hätte man vor 100 Jahren den Kaiser damit behelligen müssen", meint der Sprachforscher. Denn die Verwendung von Sprache wäre immer etwas Politisches, und gerade Platt wäre früher als Zeichen für Dummheit und Bauernsprache eher vermieden als gefördert worden. "Platt ist heute eine reine Bühnenveranstaltung", sagt Cornelissen. Das Schlusswort sprach er allerdings trotzdem "op platt".

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort