Reportage Am Montag Stimmen fürs Abitur nach 13 Schuljahren

Dinslaken · Das Volksbegehren "G9 jetzt!" möchte, dass an den Gymnasien das Abitur nach 13 statt zwölf Jahren wieder zum Regelfall wird. Bis zum 7. Juni können auch alle volljährigen Bürger der Stadt Dinslaken ihre Unterschrift dafür in den Bürgerbüros abgeben.

G8 – Das sagt die Basis
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Foto: dpa, awe mov lof sja

Es ist relativ ruhig im Bürgerbüro Stadtmitte. Am Freitagmittag haben nicht mehr viele Bürger etwas im Stadtbüro zu erledigen. Trotzdem sind gleich mehrere Bewohner der Stadt gekommen, um ihre Unterschrift für das Volksbegehren "G9 jetzt!" abzugeben. Zu ihnen gehört auch Carola Wischermann. Warum sie gegen das Abitur nach 12 Jahren Schulzeit ist? "Die Kinder sollen auch noch Freizeit haben, damit sie Gelegenheit haben, sich mit Freunden zu treffen oder verschiedene Hobbys auszuprobieren", sagt sie. Selbst hat sie zwei Söhne. Während der ältere noch nicht von der G8-Regelung betroffen war, schickte sie den Jüngsten extra auf eine Gesamtschule, damit er dort länger Zeit hat, sein Abitur zu machen. "Wir haben mit der längeren Schulzeit gute Erfahrungen gemacht", sagt Carola Wischermann. Und diese sollen auch die Kinder in Zukunft machen können. "Wenn man in der Schulzeit keine Gelegenheit hat, sich auszuprobieren, wann dann?", fragt sie. "Die Kindheit ist eine Zeit, die man genießen können soll."

Einen großen Sturm auf die Unterschriftenlisten gab es allerdings nicht. "Allerdings haben die Menschen ja auch noch einige Monate Zeit, ihre Unterschrift abzugeben", sagt Michaela Möllmann, Sachbearbeiterin im Bürgerbüro der Stadt Dinslaken. "Es waren bisher vorwiegend Eltern und Großeltern hier, die entweder unterschreiben, weil sie erlebt haben, wie es ihren Kindern mit G8 gibt, oder die verhindern möchten, dass ihre Kinder den Schulstoff in der verkürzten Zeit lernen müssen", erzählt sie. Der Prozess zur Unterschriftenabgabe ist dabei einfach: Man muss nur mit seinem Personalausweis zum Bürgerbüro kommen. Dort werden die Personalien überprüft. "Dann vergleichen wir das mit der Wählerliste, damit sich niemand doppelt eintragen kann", erklärt Sachbearbeiterin Gaby Meurers, die gerade die Unterschrift von Carola Wischermann entgegennimmt.

Auch im Bürgerbüro Hiesfeld gibt es noch keinen Ansturm auf die Unterschriftenlisten. "Wir hatten eigentlich mit mehr Menschen gerechnet", sagt Sachbearbeiterin Sandra te Heesen. Bisher sind etwa 50 Unterschriften für die Forderung nach einem Abitur nach 13 Schuljahren zusammengekommen. Darunter auch die von Dirk Resnik, der eigentlich nur ins Bürgebüro gekommen war, um einen neuen Ausweis zu beantragen. "Ich finde es wichtig, dass die Kinder auch noch Freizeit haben", begründet er sein Votum für die längere Schulzeit bis zum Abitur. "Außerdem sollen die Kinder auch gerne zur Schule gehen, anstatt zu Stöhnen."

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Foto: RP-Fotografen

Als Spontan-Unterschreiber ist Dirk Resnik allerdings eher die Ausnahme. "Die meisten Bürger kommen ganz gezielt hierher, um für das Volksbegehren zu unterschreiben", erklärt Sandra te Heesen. So auch Adelinde Gervers, die durch ihre vier Enkelkinder hautnah mitbekommt, was es heißt, nach acht Jahren in der weiterführenden Schule Abitur zu machen. "Das Hauptproblem ist, dass die Kinder so einen Stress haben", erklärt sie. Zwar kommen ihre Enkelkinder ganz gut mit der verkürzten Zeit zum Abitur zurecht und haben gute Noten, aber die Freizeitgestaltung steht oft hinten an. "Die Kinder können ihre Freizeit überhaupt nicht mehr genießen und wenn sie mal etwas unternehmen wollen, sitzen sie dann oft danach noch bis spät am Abend an ihren Hausaufgaben", schildert sie ihre Beobachtungen. "Die Jugend geht so an den Kindern vorbei." Als Großmutter hofft sie darauf, dass sich noch viele Bürger dem Volksbegehren anschließen werden. Bis zum 7. Juni ist in den Bürgerbüros Gelegenheit dazu.

(RP)
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