Dinslaken/Düsseldorf Tochter von Nils D. leidet

Dinslaken/Düsseldorf · Weitere Zeugen wurden im Prozess gegen den mutmaßlichen Terroristen aus Dinslaken gehört.

IS-Terrormiliz: Prozess gegen Nils D. 2016
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IS-Terrormiliz: Prozess gegen Nils D. 2016

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Foto: dpa, fg lof

Sie kannte Nils D. schon, als sie noch 15 oder 16 Jahre alt gewesen war, etwa zwei Jahre später waren er und sie dann für einige Zeit ein Paar. Doch die Beziehung ging auseinander, weil ihr seine Lebenseinstellung nicht gefiel. Denn Nils D. habe damals Drogen genommen, gefaulenzt und mit komischen Freunde abgehangen. Einige von diesen Freunden gehörten später der Lohberger Brigade an, zogen in den so genannten "Heiligen Krieg" und kämpften in Syrien. 2011 brach seine damalige Freundin dann jeden Kontakt zu Nils D. ab, wie sie gestern vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht aussagte. Dort wird dem 25-jährigen Dinslakener wegen seiner Taten in der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) gegenwärtig der Prozess gemacht.

Als Nils D. aus Syrien zurückgekehrt war und dann bei seiner Mutter lebte, traf seine Ex-Freundin ihn wieder - und die alte Liebe entflammte neu. "Als er wieder da war, habe ich mir nichts mehr gewünscht, als ihn wiederzusehen", sagte die junge Frau vor Gericht. Beide wurden nach kurzer Zeit wieder ein Paar. Ob sie ihn denn danach gefragt habe, warum er zum islamischen Glauben konvertiert und was eigentlich in Syrien geschehen sei, wollte die Vorsitzende Richterin Barbara Havliza wissen. Sie habe zwar das Video gesehen, das zeigt, wie einer der jungen Männer aus der Lohberger Brigade mit abgeschlagen Köpfen posiert habe und sei auch schockiert gewesen, aber danach gefragt habe sie nicht. "Das war tausende Kilometer weit weg, wir haben unser eigenes Leben gehabt, ich habe mir darüber nicht großartig Gedanken gemacht." Denn was sie auf dem Video gesehen habe, was in Syrien geschehen sei, bezeichnete sie als krank. Als sie einen von Nils D. aufgesetzten Vertrag unterzeichnen sollte, in dem sie sich verpflichtete, dass ihre gemeinsamen Kinder nach muslimischen Glauben erzogen werden, unterschrieb sie. Den Vertrag, den Nils D. dann zusammengefaltet und in die Hosentasche gesteckt habe, habe sie nicht ernst genommen. Sie nahm vieles nicht ernst. Als sie Nils D. davon berichtete, dass ihr jemand 7000 Euro schulde, schlug ihr Freund vor, das Geld doch dem IS zu überweisen. "Das hat er nicht ernst gemeint", entschuldigte sie vor Gericht diesen Vorschlag. Einmal kriegte das Paar sich in die Haare: Sie bezeichnete ihn als Hassprediger, er warf ihr eine rechtsextreme Gesinnung vor.

Bereits als 15-Jähriger wurde Nils D. Vater einer Tochter. Die Mutter des Kindes sagte gestern ebenfalls im Prozess aus. "Nils hat sich nie wirklich um seine Tochter gekümmert. Es bestand nie eine Vater-Tochter-Beziehung, wie sie hätte sein sollen", meinte die Mutter. Das änderte sich dann etwas, nachdem Nils D. zum Islam konvertiert war. Er kümmerte sich von da ab mehr um seine Tochter, nahm sie in die Moschee mit und erlaubte ihr nicht, in seiner Gegenwart Schweinefleisch zu essen. Die Mutter war mit der religiösen Ausrichtung des Vaters des Kindes nicht zufrieden und empfand den Einfluss, den er auf die gemeinsame Töchter ausübte, als schädlich. Dem Kind erklärte sie, dass das, woran der Papa jetzt glaube, nicht ihr Glaube sei. "Ich habe kurze Zeit überlegt, den Umgang von Nils mit unserer Tochter zu unterbinden, doch ich habe es gelassen, weil ich dem Mädchen nicht schaden wollte", sagte die Mutter. Als Nils D. sich dann vor seiner Ausreise von ihnen verabschiedete, um in die Türkei zu fahren und, wie er sagte, nicht wiederkommen werde, habe dies dem Mädchen "den Boden unter den Fußen weggerissen". Das Kind sei völlig fertig gewesen und habe geweint. Später sagte die Tochter, sie wolle ihren Vater gemeinsam mit der Großmutter in der Türkei besuchen, was sie Mutter allerdings nicht erlaubte. Für das Mädchen ging die Achterbahnfahrt der Gefühle weiter, als Nils D. nach Deutschland zurückgekehrt war. Darum versuchte die Mutter auch, von der Tochter fernzuhalten, dass der Vater verhaftet worden war. Als das Mädchen davon erfuhr, sei es am Boden zerstört gewesen. "Man merkt dies auch an ihren schulischen Leistungen. Die Psyche des Kindes leidet schon darunter", sagte die Mutter.

Der Prozess wird fortgesetzt.

(RP)
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