Reportage Am Montag Trotz Einschränkungen voll im Takt

Dinslaken · Die Tanzschule Lohbrandt in Dinslaken bietet Tanzkurse für Menschen mit Behinderung an. Und trotz ihrer Einschränkungen haben die Teilnehmer Spaß an der Sache und tanzen teilweise richtig gut.

 Schritt, Schritt, Drehung, und immer schön im Takt bleiben: Tanzlehrerin Uta Keup (links) bietet seit 1992 Kurse für Menschen mit Behinderung an.

Schritt, Schritt, Drehung, und immer schön im Takt bleiben: Tanzlehrerin Uta Keup (links) bietet seit 1992 Kurse für Menschen mit Behinderung an.

Foto: Marrtin Büttner

Nacheinander kommen die Teilnehmer für den Samstags-Tanzkursus für Menschen mit Behinderung in der Tanzschule Lohbrandt an. Inhaber André Lohbrandt und Tanzlehrerin Uta Keup nehmen sie freundlich in Empfang. Die meisten sind mit Eltern oder Begleitpersonen gekommen, einige auch aus Wohneinrichtungen mit dem Taxi. Der Kursus ist bunt gemischt. Seit Peter Keup, Uta Keups Bruder, 1989 die Tanzschule Keup eröffnete, die André Lohbrandt mittlerweile übernommen hat, werden dort auch Kurse für Menschen mit Behinderung angeboten. "Das gab es schon in der Ausbildungsschule meines Bruders und der hat das einfach übernommen", erklärt Uta Keup.

Sie selbst hat den Kursus für die Menschen mit Behinderung 1992 übernommen. "Einige Teilnehmer sind quasi mit mir alt geworden", sagt die Tanzlehrerin. Die meisten haben eine geistige Behinderung. "Die haben manchmal auch ihren eigenen Kopf und dann lässt sich nicht viel mit ihnen machen", sagt Uta Keup. Dann setzt sie sich mit den Tanzbegeisterten auch schon mal in einen Kreis, und macht Rhythmusübungen oder versucht, sie anderweitig zu motivieren. Keine Stunde ist wie die andere und manchmal müssen vorher erdachte Pläne auch über den Haufen geworden werden. "Man muss da flexibel sein", sagt André Lohbrandt.

 Tanzen macht Spaß: Die meisten Teilnehmer kommen auch bei komplexen Abfolgen von Tanzbewegungen ganz gut mit.

Tanzen macht Spaß: Die meisten Teilnehmer kommen auch bei komplexen Abfolgen von Tanzbewegungen ganz gut mit.

Foto: Martin Büttner

Heute sind aber fast alle gut drauf, wie es scheint. In einem Kreis stellen sie sich auf, André Lohbrandt spielt Musik ein, und dann geht es ganz locker los. Warmtanzen. Uta Keup fordert die Teilnehmer auf, in die Mitte zu treten und eine Bewegung ihrer Wahl vorzuführen, die alle anderen dann nachmachen sollen. Schon hier wird mit ganzem Körpereinsatz gearbeitet, und was die Gruppe auf die Tanzfläche bringt, sieht gar nicht schlecht aus. Zwar weigert sich eine Frau, als "Vortänzerin" in den Kreis zu treten, aber ihr lässt Uta Keup nach kurzem Animationsversuchen ihren Willen. Dann geht es weiter mit Paartanz. Rock'n'Roll steht auf dem Programm. Sich gegenüberstehen und im Takt der Musik mit den Füßen kicken. "Ich kann das nicht", sagt eine Frau. "Doch. Du kannst das", motiviert Uta Keup sie zum Mitmachen. Als alle einen Partner haben, geht es zur Rock'n'Roll-Musik über die Tanzfläche. Auch hier machen einige eine gute Figur. "Die können richtig gut tanzen", sagt Uta Keup.

Dann geht es vor den Spiegel, der eine der Seitenwände der Tanzfläche einnimmt. "Die Teilnehmer tanzen besonders gerne zum Spiegel hin, weil das bei der Körperwahrnehmung hilft", erklärt Uta Keup.

Und tatsächlich kommen die meisten Teilnehmer bei der komplexen Abfolge von Tanzbewegungen ganz gut mit. Und mehr noch. Blickt man in den Spiegel, sieht man lauter lachende Gesichter. Die Menschen haben Spaß daran, sich zur Musik zu bewegen. "Unsere Teilnehmer freuen sich manchmal unbändig darüber, wenn sie tanzen können. Manchmal ist es auch schwer, mit so viel Freude umzugehen", sagt Uta Keup.

Der große Traum der Tanzlehrerin wäre, einen integrativen Tanzkursus anzubieten, bei dem Menschen mit und ohne Behinderung sich gemeinsam zur Musik bewegen. "Ich denke, es fehlt noch immer vielen Menschen der Bezug zu Menschen mit Behinderung. Außerdem kann die unbändige Freude, die sie beim Tanzen entwickeln, auch abschreckend wirken", erklärt Uta Keup, warum es so einen Kursus bisher noch nicht gibt.

Dabei gab es bei der Dinslakener Kochwoche schon ganz gute Erfahrungen damit. "Da sind wir auch aufgetreten, und viele Menschen haben sich von der Freude mitreißen lassen und einfach mitgetanzt."

Nach Walzer und Blues endet die Unterrichtsstunde. Tänzerinnen und Tänzer werden abgeholt oder zurück in ihre Einrichtungen gebracht. "Bis nächste Woche!", verabschieden sich einige. Die meisten werden wiederkommen. Sie freuen sich drauf.

(RP)
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