Unsere Woche Von der Verantwortung - Dinslakener Lehrstücke

Dinslaken · Warum die Reaktionen aus dem Rathaus auf den neuerlichen "Skandal" um den DIN-Service einen schalen Nachgeschmack erzeugen, und warum es auf die Frage nach Verantwortlichkeiten offenbar sehr verschiedene Antworten geben kann.

So, da haben also Mitarbeiter des DIN-Service einem Arbeitskollegen geholfen, den Abfall, der bei dessen Renovierung seines Häuschens angefallen ist, zu entsorgen. Nach allem, was bisher bekannt ist, haben sie das während der Arbeitszeit, mit städtischen Fahrzeugen und auf Kosten der Allgemeinheit getan. Das durften sie nicht. Keine Frage. Entsprechend harsch und entschieden dröhnt es jetzt als Reaktion aus dem Rathaus: "fehlendes Unrechtsbewusstsein", "falsch verstandene Kollegialität", "personalrechtliche Konsequenzen", "vorbehalt- und rückhaltlose Aufklärung", "Schaffung völliger Transparenz der Vorgänge". Eben alles, was in so einem Fall selbstverständlich sein sollte. Die DIN-Service-Mitarbeiter müssen die Verantwortung für ihr Handeln tragen. Diese Reaktion ist richtig und angemessen. Warum nur hinterlässt sie dennoch einen schalen Nachgeschmack?

Etwa weil das ja nicht der erste Fall von Unregelmäßigkeiten beim DIN-Service ist? Schließlich gab's ja schon mal "Freundschaftsdienste" bei der Abfallentsorgung, vom unrühmlichen Abgang zweier DIN-Service-Geschäftsführer mal ganz zu schweigen. Und offenbar ist es immer noch nicht gelungen, bei den städtischen Saubermännern, Strukturen zu schaffen, die solche Dinge ausschließen.

Vielleicht kommt das mit dem Nachgeschmack aber auch daher, dass man sich in einem anderen Fall, bei dem es um die Frage nach Verantwortung geht, im Rathaus einen ebenso erkennbaren Willen nach Aufklärung wünschen würde? Die Rede ist von der Sparkasse Dinslaken-Voerde-Hünxe. Das ist, Sie erinnern sich, das einstmals pumperlgesunde Geldinstitut, das sich über Jahre in eine finanzielle Schieflage gewirtschaftet hat, die jetzt dazu führt, dass es eine Finanzspritze von 30 Millionen Euro braucht, um sein Geschäft überhaupt weiterbetreiben zu können und deswegen wohl an einer Fusion mit einer anderen Sparkasse nicht vorbeikommt. Obwohl - oder vielleicht gerade weil - diese Probleme, wie die Beteiligten selbst einräumen, zu einem gut Teil hausgemacht sind, ist in diesem Fall die Frage nach der Verantwortung nicht gern gehört.

Stattdessen erlebt das staunende Publikum, dass ein Vorstandsmitglied, das über Jahre an entscheidender Stelle für die Geschicke der Sparkasse - speziell fürs Kreditgeschäft, das die Malaise ausgelöst hat - verantwortlich zeichnete, mit üppigen 65 Prozent seines nicht kargen früheren Grundgehalts von rund 318 000 Euro jährlich den Ruhestand genießt.

Es erlebt in Dinslakens Bürgermeister Dr. Michael Heidinger einen Verwaltungsratsvorsitzenden, der, wiewohl bereits der Geschäftsbericht der Sparkasse für das Jahr 2008 auf Risiken hinweist, nach eigenen Aussagen erst 2010 die Brisanz der Dinge erkennen konnte, dann aber natürlich konsequent und entschieden gehandelt hat. Und und es erlebt Politiker, die trotz der fraglos fragwürdigen Rolle des Sparkassen-Verwaltungsrats, die Frage danach, ob das System der politischen Aufsichtsräte nicht doch mal überdacht werden sollte, ganz offenbar als Majestätsbeleidigung empfinden, statt sich ihr offen und (selbst)kritisch zu stellen. Was es nicht erlebt, sind Antworten. Die aber sind Grundvoraussetzung - das ist dem Wort immanent - wenn es darum geht, der übernommenen Verantwortung gerecht zu werden.

Die DIN-Service-Mitarbeiter, die jetzt im Fokus stehen, haben - so werden sie es wohl im Nachhinein selbst sehen - mächtigen Mist gebaut. Sie werden dafür die Verantwortung tragen müssen. Eine Frage sei aber auch gestattet. Kann es sein, dass ihnen angesichts so viel vorgelebtem Willen aus den Chefetagen, sich der Verantwortung zu stellen, die Maßstäbe verrutscht sind, als es darum ging, ihre eigene Verantwortung fürs Allgemeinwohl zu erkennen?

Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende.

JÖRG WERNER

(RP)
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