Unsere Woche Von Zukunftskonzepten und Verantwortlichkeiten

Dinslaken · Warum die Gründung der Flächenentwicklungsgesellschaft für Dinslaken tatsächlich eine Chance sein kann, und warum es fragwürdig ist, dass der Bürgermeister schon wieder einen Vorsitz für sich im Aufsichtsrat reklamiert.

Die Ratssitzung am Dienstag könnte eine durchaus besondere Bedeutung für die Zukunft der Stadt gehabt haben. Zum einen weil die Politik völlig ungerührt und ohne Diskussion einen Bericht zur Kenntnis genommen hat, den man durchaus als Grundsatzpapier der Verwaltungsspitze lesen kann.

Dieser Kredit - und Investitionsbericht beinhaltet nicht weniger als die Aussage, dass es aus Sicht der Verantwortlichen im Rathaus nicht nur legitim, sondern geradezu geboten ist, weiter Millionen von Euro zu investieren, auch wenn das den Schuldenstand der Stadt enorm in die Höhe treiben wird und die Steuern erhöht werden müssen. Da dürfen dann alle gespannt sein, wie denn die Politik in den nächsten Jahren diese Position der Verwaltungsspitze, für die diese im Übrigen durchaus nachvollziehbare Gründe ins Feld führen kann, in Beschlüsse gießt und ob vielleicht der ein oder andere an der ein oder anderen Stelle dann vielleicht doch mal ans Sparen denkt.

Zum anderen hat der Rat in großer Übereinstimmung die Gründung einer Dinslakener Entwicklungsgesellschaft beschlossen. Im Zusammenhang mit dem neuen Kooperativen Baulandmodell und dem Wohnbaukonzept scheint hinter diesem Beschluss ein schlüssiges und erfolgversprechendes Gesamtkonzept zur weiteren Stadtentwicklung zu stecken. Und es stimmt auch, dass von dieser neuen Gesellschaft keine ganz schnellen Erfolge zu erwarten sind. Der Zeitraum von fünf Jahren, nach dem der Rat das Handeln der neuen Gesellschaft auf die erzielten Erfolge überprüfen will, scheint sogar eher knapp bemessen. Nur eines ist auch klar. Zunächst steckt die Stadt eine ganze Menge Geld in die Gesellschaft, muss vieles vorfinanzieren, bevor Geld in die Stadtkasse zurückfließen kann. Irgendwann also wird die neue Gesellschaft liefern müssen. Sie ist ein Experiment mit ungewissem Ausgang, zurzeit spricht einiges dafür, dass das Experiment gelingt.

Auch wenn die Gründung der neuen Gesellschaft in der Politik weitgehend unumstritten war, gab's dennoch Kritik. Von den Fraktionen der CDU und der Bewegung für nachhaltige Politik. Daran, dass der Bürgermeister mal wieder den Vorsitz des Aufsichtsrats für sich beansprucht. Und diese Kritik ist nicht so einfach vom Tisch zu wischen, wie das der Bürgermeister versucht hat. Ein Blick auf die Ehrenerklärung von Dr. Michael Heidinger auf der Internetseite der Stadt, in der die Aufsichtsratsposten und Mitgliedschaften des Rathauschefs aufgelistet sind, kann einen da schon ins Grübeln bringen. Der Mann steht den Aufsichtsräten von Stadtwerken, Wohnbau, Fernwärme Niederrhein, Bäder GmbH, der städtischen Sanierungsgesellschaft Prozent, von DIN-Event vor, um nur die wichtigsten zu nennen, und sitzt zudem noch in etlichen anderen Aufsichtsgremien.

Dass der Bürgermeister sich - um es vorsichtig zu formulieren - für einen ziemlich großen hält, hat er ja schon des Öfteren erkennen lassen, Daran, dass er all diese Aufgaben - neben seinem ja auch nicht ganz einfachen Hauptjob - auch noch erledigen kann, sind dann aber doch Zweifel zugelassen.

Das aber, so sagt er, gehöre zu seinem Verständnis von der Verantwortung, die sein Amt mit sich bringt. Hallo? War da nicht was? Seit seiner Wahl 2009 war er Verwaltungsratsvorsitzender der Sparkassen Dinslaken-Voerde-Hünxe. Das endete damit, dass die Sparkasse am Ende wegen eines 13-Millionen-Euro-Minus zum 1. Januar 2016 in die Fusion mit der Weseler Verbandssparkasse getrieben wurde.

Hat Dinslakens Bürgermeister als Verwaltungsratsvorsitzender dafür irgendeine Verantwortung übernommen? Nein, natürlich nicht. Er hat erklärt, dass sich das System der politischen Aufsichtsräte bewährt hat und dass ohne sein segensreiches Wirken alles ja nur noch viel schlimmer gekommen wäre. So viel zum Verständnis von Verantwortung, das diesen Bürgermeister auszeichnet. Ob einer ständig Verantwortung übernehmen will und ob er im Fall des Falles auch tatsächlich bereit ist, sie zu tragen, ist eben oft genug zweierlei Ding.

Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: joerg.werner@rheinische-post.de

(RP)
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