Interview: Dirk Haarmann "Vor uns liegt noch eine Menge Arbeit"

Dinslaken · Voerdes neuer Bürgermeister zieht eine erste Bilanz seiner Amtszeit und blickt auf zukünftige Aufgaben.

 Voerdes neuer Bürgermeister hat keinen einfachen Job. So sah's jedenfalls der RP-Karikaturist. Dirk Haarmann bleibt dennoch frohen Mutes.

Voerdes neuer Bürgermeister hat keinen einfachen Job. So sah's jedenfalls der RP-Karikaturist. Dirk Haarmann bleibt dennoch frohen Mutes.

Foto: Schwarze-Blanke

Herr Haarmann, Sie sind jetzt die ersten Monate im Amt als neuer Bürgermeister der Stadt Voerde. Vor Ihrem Dienstantritt sagten Sie, Sie würden sich darauf freuen, endlich loslegen und die Arbeit im Rathaus aufnehmen zu können. Hat sich diese Anfangseuphorie angesichts der Voerder Probleme etwas gelegt, gab es inzwischen eine Ernüchterung?

Interview: Dirk Haarmann: "Vor uns liegt noch eine Menge Arbeit"
Foto: Peggy Mendel (peg)

Haarmann Nein, denn es war klar, dass so ein Amt nicht einfach wird. Es können immer auch Entscheidungen erforderlich sein oder Situationen auftreten, die ganz viel langen Atem brauchen. Das habe ich auch erwartet. Mit meiner Aussage vor meinem Amtsantritt habe ich die Arbeit als solche gemeint und die Vielschichtigkeit der Themen. Und auf die Tätigkeit freue ich mich nach wie vor jeden Tag.

Eine Übergangszeit, wie man sie sich normalerweise wünschen würde, wenn man ein neues Amt antritt, hatten Sie nicht. Sie mussten gleich ins kalte Wasser springen. Haben Sie sich gewünscht, dass es ein bisschen ruhiger zugehen möge?

Haarmann Zum Teil konnte ich mich durch den Wahlkampf und auch in der Zeit von der Wahl bis zu meinem Amtsantritt ein Stück weit vorbereiten. Natürlich ist es immer etwas anderes, ein Rathaus dann auch von innen zu sehen. Aber, mal ganz ehrlich, welcher Bürgermeister hat denn die Möglichkeit, erst einmal in ruhiges Fahrwasser zu kommen, wenn er den Amtsantritt vollzogen hat. Es ist auch ganz normal, dass dann Probleme oder Themen aufkommen, die schon Monate oder gar Jahre vorher auf der Agenda standen. Diese Themen wollen trotzdem bearbeitet werden. Da spielt ein Amtswechsel für die Sache keine Rolle, so dass es klar ist, dass auch im Interesse der Kontinuität die Themen zeitnah weiter bearbeitet werden. Beim Schulthema ist es uns ja gelungen, gemeinsam im Verwaltungsvorstand und mit der Politik, gleich die Fahrt voll aufzunehmen und schnell zu den notwendigen Entscheidungen zu kommen.

Eine der ersten wichtigen Entscheidungen, die gefallen ist, war die Gründung der neuen städtischen Gesamtschule. Das bedeutete aber gleichzeitig, dass die Realschule Voerde geschlossen werden muss. Jetzt ist dieser Schließungsbeschluss für die Zukunft immer mit Ihrem Namen verbunden. Macht Sie das betroffen?

Haarmann Es war eine Entscheidung, die auch mir persönlich nicht leicht gefallen ist. Es ist immer schwierig und nach außen hin schwer darzustellen, eine Schule schließen zu müssen, die über Jahre anerkanntermaßen sehr gute Arbeit geleistet hat. Die Schließung ist die bittere Kröte, die mit diesem Neugründungsbeschluss verbunden war, zu dem es aber keine Alternative gab. Dazu stehe ich nach wie vor, insbesondere nach der breiten, intensiven und sehr transparenten Beteiligung der Betroffenen, nämlich der Eltern, und den eindeutigen Voten, die mehrfach verkündet wurden, sei es in der Zukunftswerkstatt oder bei der vorgeschriebenen Elternbefragung, die sogar über das gesetzlich vorgeschriebene Mindestmaß ausgedehnt wurde. Danach war völlig klar, dass es keine andere Entscheidung als die für eine Neugründung der Gesamtschule geben kann. Wenn die Möglichkeit bestanden hätte, beide Schulen nebeneinander existieren zu lassen, dann hätte man sicherlich über diese Option nachgedacht und das auch so entschieden. Aber die Zahlen in der Schulentwicklungsplanung ließen dies nicht zu. Auch der Schulentwicklungsplaner hat eindeutig gesagt, dass wir nicht genügend Kinder für ein dreigliedriges Schulsystem haben.

In den vergangenen Tagen und Wochen mussten Sie viel Gegenwind - aus dem Rat, aus der Bürgerschaft- in Sachen Sportpark Friedrichsfeld erleben. Und dann kam auch noch das Nein der Bezirksregierung Düsseldorf. Hatten Sie damit gerechnet?

Haarmann Das sage ich ganz offen, ich habe nicht damit gerechnet, dass die Bezirksregierung die Änderung des Flächennutzungsplanes ablehnt. Womit ich schon gerechnet habe, und das ist immer auch kommuniziert worden von den Gegnern, dass mit einer Genehmigung des Flächennutzungsplanes die Sache nicht ausgestanden sein wird. Dazu ist das Projekt einfach viel zu bedeutungsvoll: auf der einen Seite für den Sport und die Friedrichsfelder Bevölkerung, auf der anderen Seite aber auch, was den Eingriff in die Natur angeht, der unbestritten da ist. Ich hätte es mir gewünscht, wenn wir die Diskussion ein Stück später hätten führen können.

Jetzt muss die Verwaltung nachsitzen und die Hausaufgaben für den Sportpark überarbeiten.

Haarmann Ja, das ist das eine, dass wir von der Bezirksregierung die Ablehnung bekommen haben, wie wir es nach dem Erörterungsgespräch erwarten konnten. Was eine wichtige Botschaft ist, ist die, dass wir die gewählte Variante für den Sportpark grundsätzlich realisieren können, wenn wir die formalen Dinge, die noch offen sind, nachbessern. Zum anderen sind wir jetzt noch einmal offen in den Dialog gegangen mit allen Fraktionen, sowohl mit den Befürwortern, wie auch mit den Sportplatzgegnern, um die Sache noch einmal ganzheitlich zu betrachten. Jetzt wird man sich gemeinsam auf den Weg machen. Obwohl die Grundsatzpositionen klar sind, dass es auf der einen Seite die entschiedenen Befürworter und auf der anderen Seite die entschiedenen Gegner des Standortes Babcockwald gibt, hat man sich verständigt, dass man den Prozess gemeinsam noch einmal durchleuchten will. Dieser Prozess muss für beide Seiten ergebnisoffen sein. Das heißt aber nicht, dass der Sportpark im Babcockwald damit jetzt gekippt ist. Alle Varian-ten, alle Möglichkeiten sind zunächst einmal zu betrachten.

Sind Sie inzwischen in Voerde angekommen?

Haarmann Ja. Und dies in doppelter Hinsicht. Zunächst einmal wohne ich seit über 20 Jahren hier in Voerde und habe eine feste Verwurzelung und Verbindung zum Ort. Ich habe aber auch das Gefühl, in der Verwaltung angekommen zu sein. Dies gilt übrigens schon für den ersten Tag. Ich habe mich nie als Fremdkörper gefühlt oder als jemand, der sich hier nicht einfindet. Ich bin sehr, sehr offen empfangen worden. Mir wird regelmäßig bestätigt, so meine Eindrücke im Hause, dass ich hier an der richtigen Stelle bin.

Gibt es spezifische Voerder Eigenheiten?

Haarmann Natürlich ist jede Stadt und ist jeder Rat anders. Ich habe verschiedene Verwaltungen erlebt: die Kreisverwaltung, die Stadt Wesel, die Stadt Herten und jetzt Voerde. Jede Verwaltung hat eine gewisse Ähnlichkeit. Die gesetzlichen Grundlagen sind die gleichen, die Arbeitsprozesse sind vielfach gleich. Aber jedes Haus hat seine eigene Kultur, die ist in jeder Verwaltung unterschiedlich. Das hängt immer auch von den handelenden Personen ab und hat mit der Geschichte einer Verwaltung zu tun. Das sind die Dinge, die man erkennen muss, um sich zurecht zu finden. Auch die politische Arbeit ist in jeder Kommune, die ich bisher erlebt habe, anders gewesen. Ich empfinde sie hier in Voerde als äußerst offen, dialogorientiert, sachbezogen, konstruktiv und fair. Ich habe schon in meinem Wahlkampf gesagt, dass ich - unabhängig von meiner Parteizugehörigkeit - den Kontakt in alle Fraktionen suche. Ich glaube, dass ich den Beweis inzwischen auch antreten konnte, dass dies ein Prinzip meines Arbeitens ist.

(RP)
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