Unsere Woche Warum die Schuldezernentin besser geschwiegen hätte

Dinslaken · Warum der Dinslakener Schuldezernentin ein wenig mehr Selbstkritik gut täte und was die Lösung der Dinslakener Schulprobleme so ungemein schwierig macht.

Si tacuisses, philosophus mansisses" - Hättest Du geschwiegen, wärst Du ein Philosoph geblieben: Tja, die ollen Römer, in diesem Fall Boethius, haben uns schon ein paar kluge Sprüche hinterlassen. Manchmal ist es eben, um es mal ganz profan auszudrücken, klüger, einfach nur den Mund zu halten. Das freilich ist nicht Ding der Dinslakener Schuldezernentin Christa Jahnke-Horstmann, wie jetzt wieder im Schulausschuss zu beobachten war. Da ging's um das Schulgutachten, das vorschlägt die gerade vor vier Jahren gegründete Sekundarschule wieder einzustampfen. Auf den Zuschauerstühlen saßen besorgte Eltern von Sekundarschülern. Und der Schuldezernentin war offenbar in aller erster Linie daran gelegen klarzustellen, dass sie an dem ganzen Schlamassel in der Dinslakener Schulpolitik keine Schuld hat und dass die Entscheidung für die Sekundarschule aus damaliger Sicht richtig gewesen sei. Und als wäre das nicht schon genug, musste die Dezernentin dann auch noch die dringende Mahnung loswerden, dass welche Schlüsse die Politik auch immer aus dem Gutachten zöge, eine Lösung gefunden werden müsse, die von Dauer sein müsse. Und diese Mahnung klang nicht so, als richte die Dezernentin sie selbstkritisch an die eigene Adresse.

Um das gleich deutlich zu machen, niemand verlangt von Christa Jahnke-Horstmann, dass sie sich nun ins Büßergewand hüllt, Asche auf ihr Haupt streut und am laufenden Band Schuldbekenntnisse abgibt, aber ein dann doch etwas kritischerer Blick auf die eigene Rolle stünde ihr schon gut zu Gesicht. In der Tat, die Gemengelage war ausgesprochen schwierig, als die Entscheidung für die Sekundarschule fiel. Und letztlich hat natürlich die große Mehrheit der Dinslakener Politik entschieden. Das ändert allerdings nichts daran, dass die Dezernentin damals der treibende Motor für diese Entscheidung war und dass sie die warnenden Stimmen geflissentlich überhört hat, die es, auch das wird die Schönrednerei der Dezernentin nicht vergessen machen können, ja durchaus gegeben hat.

Erinnerlich dürfte auch das affenartige Tempo sein, mit dem die Entscheidung damals durchgezogen wurde. Und das ist eigentlich die schwerwiegendste Kritik. Hätten sich Dezernentin und Politik seinerzeit mehr Zeit gelassen, hätten sie sich auch mehr Gedanken darüber machen können, welche Rahmenbedingungen die Sekundarschule gebraucht hätte, um dauerhaft erfolgreich arbeiten zu können. Dann hätten sie sich jetzt vielleicht nicht vom Gutachter attestieren lassen müssen, dass die neue Schulform in Dinslaken im Grunde von Anfang an keine Chance gehabt hat, weil die Realschule erhalten geblieben ist und die Sekundarschule auch noch ein zusätzliches Imageproblem aufgebürdet bekommen hat, weil sie ins Gebäude einer Hauptschule einziehen musste.

Damit sind wir aber auch schon bei dem Problem, das es so unwahrscheinlich erscheinen lässt, dass diesmal die von der Dezernentin angemahnte dauerhaftere Lösung gefunden wird. Wer sich mit dem Gutachten und seinen Zahlen intensiv beschäftigt, der kann eigentlich nur zu dem Schluss kommen, dass keine Lösung richtig funktionieren wird, wenn die Realschule bestehen bleibt. Dass dies so ist, hat nicht die Politik vor Ort zu verantworten, sondern ist Ergebnis der nordrhein-westfälischen Schulpolitik. Trotz des seinerzeit gefeierten Schulkompromisses, dessen Kind die Sekundarschule ja ist, wird es angesichts der Entwicklung der Schülerzahlen immer deutlicher, dass es auf Dauer eine Illusion ist, ein gegliedertes Schulsystem parallel zu einem integrierten, wie es die Gesamtschulen sind, laufen zu lassen. Nach den Hauptschulen sind die Realschulen zum Auslaufmodell geworden. Das kann man kritisieren und bedauern, man wird es aber als Fakt akzeptieren müssen, solange das Land seine Schulpolitik nicht grundlegend ändert. Dafür spricht nichts. Dass Kommunalpolitiker sich ungern den Schwarzen Peter zuschieben lassen, indem sie der Realschule das Todesglöcklein läuten, ist nur allzu verständlich. Auch die Dinslakener werden dazu kaum Lust verspüren. Deswegen spricht auch wenig dafür, dass dauerhaft Ruhe in die Dinslakener Schuldiskussion kommt.

Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: joerg.werner@rheinische-post.de

(RP)
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