Dinslaken Wenn aus erster Liebe tödlicher Ernst wird

Dinslaken · Turbulent und einfühlsam zugleich: Mirko Schombert inszenierte "So lonely" als modernen "Werther".

 Nur Freunde oder mehr? Benedikt Thönes und Lara Christine Schmidt in einer modernen "Werrther"-Version.

Nur Freunde oder mehr? Benedikt Thönes und Lara Christine Schmidt in einer modernen "Werrther"-Version.

Foto: Burghofbühne

Die erste Liebe. Hoffnung, Unsicherheit, Wagnis und Enttäuschung. Einerseits sind die Erfahrungen teils unfreiwillig komisch, auf der anderen Seite können diese ersten Gefühle so schmerzhaft sein, dass man glaubt, die Welt stürze ein und gleich das ganze Leben müsse enden. So ging es Goethes "Werther", so geht es dem 15-Jährigen in Per Nilssons "So lonely". Und so fühlten die Leser von einst und die Zuschauer von heute mit beiden mit. Am Freitag schlüpften Benedikt Thönes und Lara Christine Schmidt in die Rollen eines modernen "Werthers" im Teenager-Alter und einer Lotte, die allerdings ein gefährliches Spiel mit den Gefühlen spielte. "So lonely" in der Inszenierung von Mirko Schombert feierte Premiere im Rahmen der "Studio-Stürmer"-Reihe in der Remise des Tenterhofs.

Der "Werther" ist ein Briefroman", für den Jungen in "So lonely" läuft seine erste Liebe als Film ab. Die Erinnerungen werden zu Einstellungen in Großaufnahme, zu Szenen, deren Details er erst nach mehrmaligen Abspulen versteht oder die er am liebsten herausschneiden würde. Geschrieben wird jedoch trotzdem. Als Bühnenhintergrund dient eine weiße Wand, auf die der Verliebte und seine nach Zitronenmelisse, dem "Herztrost", duftende Ann-Katrin ihre Gedanken und schließlich sich selbst nachzeichnen. Eine Wand, die zum Schluss auch wieder weiß sein wird, um ein neues Kapitel des ewigen Themas zu schreiben.

Doch bis dahin durchlebt Benedikt Thönes als Erzähler und Hauptakteur alle Höhen und Tiefen einer Teenager-Liebe. Das Publikum mag sich im Stillen an eigene Erfahrungen erinnern, nach außen hin wird herzhaft gelacht. Über den Schüchternen, der sich im Wochenrhythmus seiner Angebeteten im Bus Sitzplatz um Sitzplatz nähert, was die Liebe um mehrere Monate verlängern wird. Über den - beinahe - Mutigen, der sich "ganz selbstverständlich" Kondome besorgt. Thönes zieht sich bei dieser Erzählung ein Kondom über den Kopf und bläst es wie einen Schutzhelm von innen auf: Peinlichkeiten verarbeitet man durch Komik am besten.

Für den Jungen ist die Verliebtheit tödlicher Ernst, für das Mädchen ein Irrtum. Sie, die mehr oder weniger an eine Ferienbekanntschaft gebunden ist, sucht in dem Jungen einen Freund. Aber seine Unerfahrenheit reizt sie, sie verführt ihn mit dem Hinweis "Es ist ein Irrtum". Und so kommt es, wie es kommen muss: Er rennt in die "Werther-Falle", dass die Gefühle, die zwei füreinander hegen, nicht dieselben sind. Der "Filmemacher" richtet den Theaterscheinwerfer auf die tödlichen Pillen. Aber Werther war gestern und sowieso nur ein Gedankenspiel eines unglücklich verliebten Goethes. Das Leben geht weiter. Viel Applaus für die beiden Darsteller in einer turbulenten, zugleich einfühlsamen Inszenierung.

Der Club 55Plus der Bürgerbühne Dinslaken zeigt am heutigen Montag, ab 18 Uhr im Tenterhof auf der Gerhard-Malina-Straße 108 in Dinslaken die Eigenproduktion "Gut behütet". Zehn Amateurspieler aus dem Kreis Wesel haben unter der professionellen Leitung von Adele Bernhard eine theatrale Collage einstudiert.

(RP)
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