Unsere Woche Wenn niemand das Ticken der Zeitbombe hören mag

Dinslaken · Warum die Schließung der Kathrin-Türks-Halle zum Ende des Jahres viele Fragen aufwirft, und warum das Krisenmanagement im Rathaus nun wirklich nicht überzeugen kann.

Der legendäre Marcel Reich-Ranicki beendete jede Folge seines nicht minder legendären Literarischen Quartetts in Abwandlung eines Brecht-Zitats mit dem schönen Satz: "Und so sehen wir betroffen, den Vorhang zu und alle Fragen offen".

Das wär doch auch ein wunderbarer Schlusssatz für Dr. Michael Heidinger gewesen, als Dinslakens Bürgermeister am Montag dieser Woche verkündete, dass am Ende des Jahres für lange Zeit der Vorhang der Kathrin-Türks-Halle fällt.

Denn dieser Satz bringt die Situation ganz einfach auf den Punkt.

Klar ist, die Kathrin-Türks-Halle wird nach dem 31. Dezember geschlossen, ein Jahr früher als geplant. Das hat der Bürgermeister entschieden, nachdem der TÜV "erhebliche Brandschutzmängel" festgestellt hat. Das war's aber auch schon mit der Klarheit, jetzt fangen die offenen Fragen an. Wenn die Mängel so erheblich sind, warum bleibt die Halle noch bis Ende des Jahres offen? Oder andersherum: Wenn die Halle aus heutiger Sicht noch bis Ende des Jahres geöffnet bleiben kann, was ändert sich dann just zum Stichtag 1. Januar, das begründet, dass sie geschlossen werden muss?

Weitere Fragen gefällig?

Dass die Halle in einem miserablen Zustand und dringend sanierungsbedürftig ist, ist sei langem bekannt. Warum hat niemand das Ticken dieser Zeitbombe so rechtzeitig zur Kenntnis genommen, dass die nun entstandene Zwangslage hätte vermieden werden können? Warum ist nicht frühzeitiger und konsequenter nach Ausweichveranstaltungsorten gesucht worden? Warum nennt die Kulturdezernentin noch am Anfang der Woche - unwidersprochen übrigens vom Baudezernent - das Tribünenhaus der Trabrennbahn als denkbaren alternativen Spielort, wenn das Rathaus vier Tage später bestätigen muss, dass das schon aus planungsrechtlichen Gründen gar nicht geht? Was soll dieses Chaos?

Und überhaupt: Kann es sein, dass Krisenmanagement anders geht?

Die geplante Schließung der Halle hätte schon genug Problem bereitet, die vorzeitige Schließung, die die Verantwortlichen so offenbar unvorbereitet trifft, potenziert diese Probleme gewaltig. Wer mag eigentlich noch des Bürgermeisters Zuversicht teilen, dass für die 70 fürs kommende Jahr bereits vereinbarten Veranstaltungen schon eine vernünftige Alternativlösung gefunden werden kann, mit der auch die Veranstalter zufrieden sein werden? Kaum denkbar, dass die Stadt davonkommt, ohne sich mit Schadensersatzforderungen herumplagen zu müssen.

Und eines steht auch fest. Der Imageschaden ist beträchtlich. Dinslaken und seine Stadthalle haben sich über die Jahre einen guten Ruf als Veranstaltungsort erarbeitet. Das war - die, die schon länger in dieser Stadt leben, werden sich erinnern - nicht immer so. Der Ruf begann wegen des sich stetig verschlechterten Zustands der Halle bereits zu bröckeln, jetzt ist er erst einmal ganz perdu.

Und niemand sollte so naiv sein zu glauben, dass die Veranstalter Mitte 2018, wenn die Halle saniert sein soll, schon wieder Schlange stehen werden. Da wird dann wieder viel Überzeugungsarbeit zu leisten sein.

Vor allem aber müssen die im Rathaus Verantwortlichen jetzt schnellstens tatsächlich machbare und überzeugende Konzepte entwickeln, wie sie die Übergangszeit bis zur Neueröffnung der Halle überbrücken wollen.

Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor:joerg.werner@rheinische-post.de

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort