Unsere Woche Wenn politische Verkündigung auf Realität trifft

Dinslaken · Warum Politiker in Wahlkampfzeiten nur allzu gern frohe Botschaften verkünden, die sich hauptsächlich ums Geld drehen, und warum das in der Realität kuriose Blüten treiben kann.

Es ist Wahlkampf, und in diesen Zeiten verbreiten Politiker gern gute Nachrichten. In dieser Woche war dann auch schon fast ein Wettlauf zu beobachten, wer denn wohl am schnellsten davon künden könne, dass in den Kreis Wesel reichlich Geld - nämlich knapp über 30 Millionen Euro - fließen werde.

Knapp die Nase vorne hatte bei diesem Wettlauf die im Mai frisch gebackene CDU-Landtagsabgeordnete Charlotte Quik. Das Land hat dies Geld allerdings nur verteilt, denn es stammt aus Bundesmitteln. Und so wundert es nicht, dass sich nur kurz nach Quik auch noch die beiden SPD-Bundestagskandidaten Jürgen Preuß und Dirk Vöpel mit der gleichen Botschaft meldeten, nicht ohne zu betonen, dass der Geldsegen nur möglich geworden ist, weil der Bundestag eine Gesetzesänderung beschlossen habe und welchen herausragenden Anteil die SPD-Fraktion in Berlin an dieser Änderung gehabt habe. Und darauf habe die SPD-Bundestagsfraktion schon lange gedrängt.

Nun sei mal dahingestellt, ob dieser Wettbewerb der guten Nachrichten, der Politik - welcher Couleur auch immer - Vorteile bringt und auch, ob er grundsätzlich dazu angetan ist, die Politik glaubwürdig scheinen zu lassen - so geht eben Wahlkampf oder das, was Politiker darunter verstehen.

Das kann allerdings auch kuriose Blüten treiben, wenn's von der Bundes- oder Landesebene auf die Realität vor Ort trifft. Erinnert sei daran, dass es Sozialdemokrat Stefan Zimkeit, als er um seine Wiederwahl in den Landtag kämpfte, nicht dabei beließ, die gute Nachricht zu verkünden, sondern den Förderbescheid für die Sanierung des Jugendheims in Lohberg höchstselbst in Dinslaken vorbeibrachte und seinem Parteifreund Bürgermeister Dr. Michael Heidinger in die Hand drückte, wobei sich beide selbstredend dabei gerne öffentlichkeitswirksam ablichten ließen. So, nun könne die Caritas sich an die dringend notwendige Sanierung des Hauses machen, hieß es. Das war, wie gesagt, im Landtagswahlkampf, genauer gesagt am 25. April. Inzwischen hat Zimkeit seinen Landtagssitz verteidigt, wenn er auch nicht mehr Mitglied einer Regierungsfraktion ist, und der September ist angebrochen. Allein das Geld hat noch nicht den Weg aus dem Dinslakener Rathaus zur Caritas gefunden. Warum noch nicht, war gestern nicht mehr in Erfahrung zu bringen. Sei's drum. Die Verwaltung wird die Frage bestimmt in der nächsten Woche beantworten können.

Und sie sollte möglichst eine gute Antwort parat haben. Nicht, dass noch jemand auf die Idee kommt, dass das Dinslakener Rathaus angesichts der Differenzen, die es zurzeit mit der Caritas wegen des Baus von Flüchtlingsunterkünften austrägt, nun noch auf die Idee verfallen ist, dem Wohlfahrtsverband auch auf anderen seiner Beschäftigungsfeldern Knüppel zwischen die Beine zu werfen.

Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: joerg.werner@rheinische-post.de

(RP)
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