Unsere Woche Wie der Bürgermeister das Rathaus zum Sandkasten macht

Dinslaken · Warum das Verhalten des Bürgermeisters in der "Brunnenvergifter-Affäre" ziemlich unerträglich ist, und warum man den Eindruck gewinnen kann, dass man in dieser Angelegenheit Dreijährigen im Sandkasten zuschaut.

Jeder, der auch nur gelegentlich ein Fußballspiel schaut, kennt solche Szenen. Da rauscht ein Spieler einem anderen mit einer derartigen Wucht von hinten in die Beine oder rammt ihm mit Verve den Ellenbogen ins Gesicht, dass eigentlich jeder zufällig auf der Tribüne sitzende Staatsanwalt von Amts wegen ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf versuchte gefährliche Körperverletzung in Gang bringen müsste - und was passiert? Der Übeltäter setzt die Miene des vollkommenen Unschuldslamms auf und tut, als wenn nichts, aber auch rein gar nichts gewesen wäre.

Nun hat es sich ja inzwischen herumgesprochen, dass Dinslakens Bürgermeister Dr. Michael Heidinger bekennender Fußballfallfan ist und sich gerne Spiele anschaut. Vielleicht liegt darin ja die tiefere Erklärung dafür, wie er sich angesichts der Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Erste Beigeordnete Christa Jahnke-Horstmann verhält. Vielleicht hat er sich dies eigentlich unerträgliche Verhalten ja von den Fußballspielern abgeschaut. War da was? Ein böses Foul etwa? Nicht doch! Und wenn, hab ich damit doch nichts zu tun.

Man wird wohl etliche Semester Jura studiert haben müssen, um die hanebüchene Logik nachvollziehen zu können, mit der die Rechtsabteilung im Rathaus erklärt, warum das Wort "Brunnenvergifter" zwar prinzipiell durchaus eine Beleidigung sein kann, es eben aber doch nicht ist, wenn die Erste Beigeordnete dieser Stadt mit diesem Wort im Beisein des Bürgermeisters den CDU-Stadtverordneten Michael van Meerbeck belegt. Hanebüchen darf man es wohl auch finden, dass das Rechtsgutachten zum Verhalten der "Angeklagten" von einem ihr unmittelbar dienstlich unterstellten Mitarbeiter gefertigt wird. Von jeder juristischen Wertung aber mal abgesehen - das eigentliche Problem ist ein anderes. Natürlich darf auch einer Beigeordneten mal ein unbedachtes Wort herausrutschen. Dafür hätte sie sich einfach nur entschuldigen müssen, und gut wär's gewesen. Und wenn sie schon selbst nicht so einsichtig sein konnte, hätte der Bürgermeister, der dabei war, sie doch sicherlich dazu "überreden" können. Die aber von den beiden Spitzenkräften des Rathauses mit ihrem übergroßen Maß an Uneinsichtigkeit provozierte Dienstaufsichtsbeschwerde nun unter anderem mit dem Hinweis vom Tisch wischen zu wollen, dass van Meerbeck auch in seinem Amt als Caritasdirektor ja selbst zu den atmosphärischen Störungen beigetragen habe, ist einfach nur armselig. Genauso armselig ist die Einlassung der SPD-Fraktion, dass sie Hinweise darauf habe, dass der Caritasdirektor die Beigeordnete zu manchen Veranstaltungen bewusst nicht eingeladen habe. Ja, und?

So wie der Bürgermeister, seine Fraktion und die Beigeordnete verhalten sich keine gestandenen Männer oder Frauen. So verhalten sich Dreijährige im Sandkasten, die, von ihrem Erziehungsberechtigten darauf hingewiesen, dass man dem Gegenüber nicht die Schaufel auf den Kopf haut, sofort loskrähen, dass der andere aber am vorherigen Tag mit Sand geschmissen habe.

Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende.

JÖRG WERNER

(RP)
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