Unsere Woche Wie der Bürgermeister seiner Glaubwürdigkeit schadet

Dinslaken · Warum es ziemlich peinlich sein kann, wenn sich Michael Heidinger vom Minister einen Scheck überreichen lässt und warum er in der Bäderfrage höchstselbst die Probleme geschaffen hat, die er jetzt einvernehmlich lösen will.

Es gibt Politiker, denen ist nichts peinlich, jedenfalls nicht viel und schon gar nicht im Wahlkampf. Mehr als ein Jahr lang ging die Stadt Dinslaken davon aus, dass das Land 8,4 Millionen Euro zu den 24 Millionen Euro beisteuern würde, die in die Sanierung der Kathrin-Türks-Halle fließen sollen. Die Summe war sogar schon schriftlich fixiert: in einem Bericht über geplante Fördermittel für einzelne Projekte, den die Bezirksregierung Düsseldorf im Juni an den Kommunalverband Ruhr schickte. Ende des vergangenen Jahres war's dann - ätschi bätschi - vorbei mit dem Traum.

Das Vorhaben - so hatten es nach offenbar langem Nachdenken schlaue Menschen im Städtebauministerium herausgefunden - passt ja gar nicht in die Förderkulisse. Rechtzeitig zur Landtagswahl hat das Ministerium jetzt aber doch noch gut eine Million Euro locker gemacht. Das ist zwar im Vergleich zum Erhofften eine eher bescheidene Summe, sie wurde aber vom SPD-Landtagsabgeordnete Stefan Zimkeit flugs per Pressemitteilung als große Wohltat für Dinslaken verkauft. Damit nicht genug. Gestern kam Minister Michael Groschek dann höchstpersönlich vorbei, um den Scheck zu überbringen. Und Bürgermeister Michael Heidinger bereitete seinem Parteikumpel natürlich gern die Wahlkampfbühne, zeigte sich zufrieden und dankte artig. Und der staunende Bürger weiß gar nicht mehr, wovor ihm mehr schaudern soll - vor der Chuzpe, mit der die handelnden Akteure ihm hier vermeintliche Wohltaten verkaufen wollen, oder der grenzenlosen Naivität, mit der sie sich offenbar in dem Glauben wiegen, er bemerke den Schwindel nicht.

Wer hat die Nummer verbockt? Die Stadt? Das Ministerium, das viel zu spät erkannt hat, dass das Vorhaben nicht mit den Förderrichtlinien vereinbar ist? Wer verhohnepipelt wen? Das Land die Stadt? Der Bürgermeister alleine oder gemeinsam mit dem Minister die Bürger? Oder wie? Oder was? Diese Wahlkampfnummer gestern jedenfalls trägt nicht zur politischen Glaubwürdigkeit bei.

Mit der hat der Dinslakener Bürgermeister ohnehin so seine Probleme. Nehmen wir mal die Diskussion um die Zukunft der Dinslakener Bäder. Da hat Heidinger ein K onzept vorgestellt, von dem ihn kein Argument abbringen konnte. Jetzt gibt's zwei Bürgerbegehren, von denen man ja denken kann, was man will, die aber zumindest eines ganz deutlich machen: das Konzept des Bürgermeisters war ein oberfauler Kompromiss, der keinem hilft, der aber die Dinslakener in zwei Lager gespalten hat. Immerhin, das zumindest hat der Bürgermeister offensichtlich bemerkt. Und was tut er? Er lädt die zwei Parteien zu Gesprächen ein. Natürlich nicht ohne seine Pressestelle verbreiten zu lassen, dass der Bürgermeister es als seine Aufgabe ansehe - und jetzt Obacht, wörtliches Zitat - "in einer solchen Situation jede Möglichkeit für eine einvernehmliche Lösung auszuloten".

Ja geht's noch? Nicht dass dieses Zitat die Aufgabe eines Bürgermeisters unzutreffend beschreibt. Aber dann wird man doch mal fragen dürfen, warum er sich erst dann dazu entschließt, dieser Aufgabe gerecht zu werden, nachdem er höchstselbst das Kind in den Brunnen - pardon: ins Bad - geschubst hat.

Michael Heidinger ist doch der Bürgermeister, der beim Hiesfelder Freibadverein den dicken Maxe gegeben und auch wider den Rat von Experten den Erhalt des Freibads versprochen hat. Er ist der Bürgermeister, der die eigene, in nicht unerheblichen Teilen widerstrebende Fraktion auf seinen Kurs gezwungen hat. Er ist der Bürgermeister, der es nicht für nötig befunden hat, vor der Entscheidung selbst das Gespräch mit den Schwimmsport treibendenden Vereinen zu suchen. Kurz, er ist der Bürgermeister, der mit seiner Sturheit und mangelnden Kommunikationsfähigkeit die einvernehmliche Lösung, die er nun vorgibt, ausloten zu wollen, nahezu unmöglich erscheinen lässt.

Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende.

Ihre Meinung? Schreien Sie unserem Autor: joerg.werner@rheinische-post.de

(RP)
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