Simon Panke Wie Dinslaken schlauer werden soll

Dinslaken · Der SPD- Stadtverordnete erklärt, warum seine Fraktion möchte, dass die Stadt zu einer "Smart City" werden soll.

 Simon Panke, SPD-Stadtverordneter

Simon Panke, SPD-Stadtverordneter

Foto: PR

Herr Panke, die SPD-Fraktion hat beantragt, dass sich Dinslaken auf den Weg zur "Smart City" - zu einer schlauen Stadt - machen soll. Wenn man sich die Diskussion um das Thema anguckt, stellt man fest, dass der Begriff zwar inzwischen in aller Munde ist, dass aber die, die davon reden, ganz oft die unterschiedlichsten Dinge meinen. Können Sie ein bisschen konkreter erklären, wie Ihre Vorstellungen von einem "smarten Dinslaken" aussehen?

Simon Panke Zunächst einmal geht es darum, dass Wissen genutzt und vernetzt werden soll und damit Abläufe besser gesteuert werden können. Es geht aber nicht nur um die Vernetzung von Wissen, sondern auch um die Vernetzung von Bürgern und Kommune, um die Vernetzung der Stadt mit Institutionen, von Forschung und Wissenschaft, Wirtschaft und Politik. Es ist es ein bisschen schwierig, das Ganze konkret herunterzubrechen, weil jede Stadt, die das Thema bisher angepackt hat, etwas anderes darunter versteht. Je nachdem, wie groß eine Stadt ist, gibt es ganz unterschiedliche Möglichkeiten, wie Smart City ausgestaltet werden kann.

Es geht also um das Sammeln und Vernetzen von Daten - um alle für das Funktionieren eines Gemeinwesens wichtigen Informationen. Wem konkret soll das wie nutzen?

Panke Fangen wir mal mit dem Bürger an. Da gibt es ein Beispiel aus der Stadt Darmstadt, das ich richtig gut finde. Dort gibt es eine Mängelmelder-App, sozusagen einen digitalen Meckerkasten per Smartphone. Wenn jemandem beispielsweise auffällt, dass in seiner Nachbarschaft Grünanlagen, die die Stadt bewirtschaftet, in keinem vernünftigen Zustand sind oder es Schlaglöcher gibt oder gefährliche Situationen im Straßenverkehr, dann gibt es die Möglichkeit, das über die App zu melden. Diese ganzen Meldungen werden online gesammelt und können eingesehen werden. Die Stadtverwaltung informiert dann über den gleichen Weg, wann und wie diese Mängel abgearbeitet wurden. Es ist für den Bürger also sehr einfach, Probleme zu melden, er kann aber auch ganz transparent verfolgen, wie mit diesen Problemen umgegangen wird. Das ist ein Beispiel, wie "Smart City" dem Bürger nutzt. Für die Politik wäre ein Vorteil, dass sie viele Informationen für ihr Handeln bekommt. Das Gleiche gilt auch für die Verwaltung. In Dinslaken geht es zum Beispiel gerade aktuell um eine Verkehrsuntersuchung für den Bahnhof, die Grundlage für eine Umgestaltung des gesamten Bereichs dort sein soll. Wir müssen dafür Verkehrsählungen durchführen oder durchführen lassen, was Geld und Zeit kostet. Wir könnten da eine Technik einsetzen, die schon vielerorts verwendet wird. Es gibt die Möglichkeit über Sensoren, die zum Beispiel in Laternen eingebaut sind, eine dauerhafte Messung von Verkehrsdaten in Echtzeit vorzunehmen, so dass jederzeit eingesehen werden kann, wie viele Fahrzeuge zu welchem Zeitpunkt an einer Stelle vorbeifahren. Diese Technik kann auch erkennen, ob es sich bei dem Fahrzeug beispielsweise um einen Bus oder ein Auto handelt. Das liefert Daten, die für die Verkehrsplanung von großem Nutzen sind, weil sie ständig über die entscheidungsrelevanten Informationen verfügt und sie nicht erst mühsam erheben muss, was ja auch die Entscheidungsprozesse erheblich verlängert. An dieser Stelle ist es allerdings auch wichtig zu sagen: Es geht dabei nicht um personalisierte Daten. Es ist nicht interessant, welche Person an einer bestimmten Stelle vorbei fährt, wichtig ist nur, wie viele Fahrzeuge vorbeifahren.

Laternen spielen in vielen Smart-City-Konzepten eine Rolle. An ihnen, scheint mir, kann man ganz gut beschreiben, was die Möglichkeiten und Handlungsfelder der "Smart-City" sind.

Panke Das Beispiel Laterne ist tatsächlich interessant. Das Unternehmen EnBW, hat eine Laterne entwickelt, die eine Zapfsäule fürs E-Auto sein kann, die gleichzeitig ein ziemlich starker Wlan-Router ist, die aber auch Licht spenden und steuern kann. Das zeigt, wie viele Dinge sich mit einer solchen Technik vernetzen lassen.

Liegt in diesen technischen Möglichkeiten aber nicht auch eine Gefahr? Wenn ich beispielsweise mit Sensoren in einer Laterne den Verkehr lenken kann und damit dafür sorge, dass er in einer Stadt besser und schneller fließt, könnte das dazu führen, dass der Individualverkehr tendenziell sogar zunimmt und dabei die eigentlichen politischen Ziele wie die Vermeidung von Verkehr aus dem Blick geraten.

Panke Zunächst einmal soll das Konzept "Smart-City" dafür sorgen, dass Bürger, aber auch Verwaltung und Politik Entscheidungen einfacher treffen können, weil sie über eine viel bessere Informationsbasis verfügen. Aber natürlich soll "Smart-City" nicht dazu führen, dass demnächst noch mehr Menschen Auto fahren. Das eigentliche Ziel dahinter ist, dass Ressourcen sinnvoller und effizienter verbraucht werden. Und dabei kann "Smart City" helfen - und zwar jedem einzelnen.

Bei einem solchen Konzept, das vor allem der Allgemeinheit nutzen soll, wird es darauf ankommen, möglichst viele mitzunehmen. Eine smarte City braucht eben auch smarte Bürger. Muss die Frage, wie man dafür das notwendige Bewusstsein schafft, nicht auch ein wichtiger Bestandteil des Konzepts sein, das die Verwaltung jetzt erarbeiten soll?

Panke Das wird natürlich dazu gehören. Mittlerweile, so zeigen Erhebungen, nutzen 78 Prozent aller Deutschen ein Smartphone. Die Hardware ist also vorhanden. Es ist jetzt notwendig, dass auch die entsprechende Software - also zum Beispiel entsprechende Apps, aber auch passende Angebote auf den städtischen Internetseiten - zur Verfügung gestellt werden. Ich bin zuversichtlich, dass es gelingt, viele Bürger dazu zu bewegen, die Möglichkeiten, die ihnen "Smart City"- etwa bei Bürgerbeteiligungsverfahren - bietet, zu nutzen.

Zu "Smart City" gehört es, möglichst viele Daten zu sammeln und sie öffentlich zugänglich zu machen. Können Sie nachvollziehen, dass das auch Ängste vor dem Missbrauch solcher Datenmengen auslöst?

Panke Der Schutz der Daten muss bei einem solchen Konzept eine große Rolle spielen. Deswegen stellen wir in unserem Antrag ja auch die Frage, ob es sinnvoll wäre, eine Stelle für jemanden zu schaffen, der dieses Thema im Auge behält. Es würde Vertrauen schaffen, wenn die Menschen wissen, da gibt es einen Ansprechpartner, der darauf achtet, dass mit den Daten kein Missbrauch getrieben wird. Grundsätzlich glaube ich, dass die Verwendung von Rohdaten zunächst einmal keine Ängste auslösen muss. Ich kann allerdings nachvollziehen, dass bei manchen Menschen das Gefühl aufkommt, dass die Gefahr besteht, durchleuchtet zu werden. Deswegen bleibt es immer wichtig, das ganze Thema "Digitalisierung" auch ständig kritisch zu hinterfragen.

Glauben Sie, dass Dinslaken sich mit einem "Smart-City-Konzept" einen Vorteil im sich verschärfenden Wettbewerb der Städte untereinander verschaffen kann, und wie beurteilen Sie die Chance, für die Entwicklung eines solchen Konzepts Fördermittel zu erhalten?

Panke Die Frage von Fördermitteln ist ganz wichtig. Es gibt zurzeit viele Wettbewerbe, bei denen etwa Unternehmen Städten viel Wissen und Geld in die Hand geben, um Projekte umzusetzen. Es gibt auch Fördertöpfe bei den unterschiedlichsten Ministerien, und es wäre hilfreich, wenn Dinslaken in diesem Bereich Modelkommune werden könnte. Auch der Wettbewerbsaspekt ist groß. Es geht darum, dass jeder Mensch in einer Umgebung leben möchte, die ein möglichst gutes städtisches Klima bietet, in der der Verkehr nicht kollabiert und die bürgerfreundlich ist. Wenn Dinslaken es schafft, den Weg des Strukturwandels in die Moderne, den es mit vielen Projekten - CO2-freier Standort Lohberg, Einsatz regenerativer Energien - schon beschritten hat, mit dem Konzept "Smart City" zu verknüpfen - kann es zu einer Vorreiterstadt werden, die für ihre Bürger besonders attraktiv ist.

DAS GESPRÄCH FÜHRTE JÖRG WERNER

(RP)
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