Unsere Woche Wie wär's mit Bescheidenheit und ein bisschen Demut ?

Dinslaken · Warum es aus Sicht der SPD nur konsequent ist, auf Michael Groschek zu bauen, warum das sie aber nicht davon abhalten sollte, sich bei der Suche nach Lösungen selbst als Teil des Problems wahrzunehmen.

Bescheidenheit ist eine Zier, doch weiter kommt man ohne ihr. Auch wenn dieses Zitat nicht, wie vielfach behauptet, aus der Feder des großen Humoristen Wilhelm Busch stammt, bringt es doch auf den Punkt, was gemeinhin als Voraussetzung für Erfolg gilt. Erfolg erringt nicht der Bescheidene, sondern der, der seine "Brillanz" laut genug heraustrompetet.

So gesehen ist es in der Tat konsequent, dass die Landes-SPD Michael Groschek zu ihrem Chef machte. Und genauso konsequent ist es von der Dinslakener SPD, wenn sie eine solche Entscheidung gut fände. Groschek ist, diese Eigenschaft teilt er im Übrigen mit Dinslakens Bürgermeister Dr. Michael Heidinger - auch wenn dieser im Vergleich mit Bald-Ex-Minister Mike noch an seiner Phonstärke arbeiten muss - nicht der Mann mit der kleinen Münze. Eine Nummer kleiner kann er nicht. Beispiel gefällig? "Boomtown im Revier!" "Die Stadt an der Emscher mit den größten Chancen!" Hat Michael Groschek gesagt, er hat es über Dinslaken gesagt - beim Tag der Städtebauförderung im vergangenen Jahr. Und natürlich wollte er damit seine Leistungen als Städtebauminister ins rechte Licht rücken. Und der Bürgermeister, der ja ohnehin stets betont, "dass Dinslaken durch die Decke geht", hat ihm genauso natürlich beigepflichtet.

Offenbar hat der Wähler - auch der Dinslakener - Groscheks Leistung wie die der gesamten Landesregierung nicht ganz so euphorisch beurteilt. Groschek ist sein Ministeramt los, die Dinslakener SPD hat herbe Verluste eingefahren. Das, sollte man meinen, könnten Sozialdemokraten als Signal auffassen, sich ausnahmsweise mal in Demut und Bescheidenheit zu üben. Tun sie aber nicht. Auf Landesebene nicht und auch nicht vor Ort. Die alten Reflexe funktionieren offenbar immer noch. Sozialdemokraten machen einfach per se keine falsche Politik. Wenn überhaupt, haben sie es nur nicht geschafft, den Wählern ihre doch eigentlich tolle Politik richtig zu verkaufen. Vielleicht ist aber auch der Bürger nur zu dumm, die Dinge zu begreifen oder vielleicht ist beides auch zusammengekommen. Wie auch immer - wer die Dinge so einschätzt, hat's jedenfalls recht bequem. Der muss sich nämlich bei der Lösungssuche nicht fragen, ober er vielleicht selbst ein Teil des Problems ist. Das freilich wäre dringend angesagt. Und zwar gerade auf kommunaler Ebene. Denn nur von dort können die Impulse für eine wie auch immer geartete Erneuerung ausgehen. Und hier muss sich die Politik - das gilt im Übrigen nicht nur für die SPD und die Grünen - für die allerdings nach dieser Landtagswahl ganz besonders - die Frage stellen, ob sie tatsächlich noch das Ohr am Puls der Bürger hat, ob sie tatsächlich noch weiß, was in den Sphären jenseits der Politik vorgeht. Und da könnten unbedarften Wählern, die sich jetzt nicht unbedingt in den letzten Verästelungen der Hirne von parteipolitisch denkenden Menschen zu Hause fühlen, schon einige Fragen einfallen, die sich die SPD mal stellen müsste. Beispielsweise die: Wie kann es eigentlich sein, dass der Bürgermeister und seine ihm dabei in Kadavergehorsam folgende SPD ein Bäderkonzept auf den Weg bringen, das so offensichtlich an den Interessen der Dinslakener vorbeigeht, dass es gleich zwei Bürgerbegehren auslöst? Oder diese Frage: Wie kann eine SPD im Wahlkampf glaubhaft behaupten, dass sie jedweder Form von Rechtspopulismus entschieden entgegentreten und natürlich alles tun wird, um die Wähler davon zu überzeugen, dass die Alternative für Deutschland nun wirklich keine Alternative ist? Wie kann sich diese SPD dann darüber grämen, dass die AfD in Dinslaken mehr Stimmen geholt hat als im Landesschnitt, wenn sich genau diese SPD immer noch eine Ortsvereins- und stellvertretende Stadtverbandsvorsitzende leistet, die auf Facebook Parolen gepostet hat, für die diese SPD jeden AfD-Vertreter in der Luft zerrissen hätte? Das sind nur einige Beispiele für Fragen, die die SPD beantworten sollte.

Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: joerg.werner@rheinische-post.de

(RP)
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