Dinslaken Wie Wesels Hafen Geld verdient

Dinslaken · Der Rhein fließt gemächlich, die Sonne lässt das Wasser glitzern. Der Himmel ist blau. Es ist eigentlich idyllisch - wäre da nicht dieser Geruch. Nach Benzin und Staub, nach Industrie. Und die Geräuschkulisse: Es rattert, rumpelt und quietscht.

 Am Weseler Stadthafen legen pro Jahr mehr als 800 Schiffe an. Dieses hier hat Salz aus dem Bergwerk Borth geladen.

Am Weseler Stadthafen legen pro Jahr mehr als 800 Schiffe an. Dieses hier hat Salz aus dem Bergwerk Borth geladen.

Foto: Jana Bauch

Vom Dach des Kraftfutterwerkes der Homa Raiffeisen lässt sich das gut beobachten. Die neuen Silospeicher der Homa, 30 Meter hoch, glänzen silbrig. Gleich daneben lassen Betonbrocken und Stahlgerippe auf der riesigen Abrissbaustelle des RWZ-Speichers ein Bild mit morbidem Charme entstehen. In der Ferne sind die Kräne des Containerhafens Emmelsum zu erkennen.

Er wird wie der Stadthafen Wesel und der Rhein-Lippe-Hafen vom Hafenverbund Deltaport verwaltet. 2,2 Millionen Euro Umsatz macht die kommunale Gesellschaft im Jahr. 13 Unternehmen sind an den drei Häfen angesiedelt, rund 700 Mitarbeiter arbeiten dort. Geschäftsführer Andreas Stolte ist seit anderthalb Jahren bei der Deltaport, den Weseler Stadthafen kennt er aber noch aus der Kindheit. "Ich bin auf einem Binnenschiff aufgewachsen, das meinen Eltern gehörte", sagt Stolte, "und wir haben auch öfter den Weseler Hafen angesteuert." Kein Wunder also, dass es den gelernten Speditionskaufmann und studierten Wirtschaftsingenieur wieder zurück nach Wesel zog. Zuvor war er bereits 30 Jahre in der Hafenwirtschaft tätig. Obwohl die Deltaport-Büros in der Weseler Innenstadt liegen, kommt er oft hierher: "Ich möchte den Hafen direkt vor Ort erleben." Sein Ziel ist es, den Stadthafen "in die Moderne zu überführen und nachhaltige Unternehmen anzusiedeln".

Der Weseler Binnenhafen ist historisch gewachsen, 300 Meter lang ist sein Kai. Fünf Unternehmen gibt es am Weseler Stadthafen. Sie schlagen Sand, Kies, Salz, Futtermittel und Flüssiggut (etwa Benzin und Öl) um. 1,1 Millionen Tonnen sind es laut Deltaport jedes Jahr. 2016 machten 884 Schiffe in Wesel Halt.

350 Tonnen pro Tag entfallen auf die Homa Raiffeisen. Im Hafenwerk wird Kraftfutter für Kühe und Schweine angemischt, von hier aus wird es nach ganz NRW verteilt. Die Rohmaterialien kommen per Schiff, meist aus Rotterdam: Soja, Weizen, Gerste. "Wir mischen nach 300 Rezepturen", sagt Henry Wesselink, der für den Standort verantwortlich ist. Über fünf Stockwerke verteilen sich die Mischmaschinen, sogar auf dem Dach sind Transportbänder angebracht. Seit November 2013 ist die Homa hier ansässig und mit ihr auch Henry Wesselink. Der Niederländer ist vom Standort am Weseler Stadthafen überzeugt. "Wir liegen direkt am Rhein, mitten im Kundengebiet und an den Autobahnen 57 und 3", sagt er. Deshalb investiere die Homa hier auch, etwa in die neuen Getreidesilos. "2200 Tonnen fasst jedes von ihnen", sagt Wesselink.

Mit großer Begeisterung erzählt auch Rudolf Koß von seiner Arbeit. "Eigentlich ist das hier ja wie ein großer Spielplatz für Männer", sagt er, "mit Radladern, Raupen, Lkw." Der 61-Jährige leitet den Weseler Standort des Kies- und Sandproduzenten Hülskens. In Wesel wird nicht produziert, sondern verladen: Salz, Kies und Sand kommen vom Lkw aufs Schiff. Aus dem Salz wird Streusalz gemacht, außerdem wird Viehfutter beigemischt.

Der Beladevorgang eines Schiffs dauert etwa sechs bis acht Stunden. 1520 Tonnen fasst das Schiff, das gerade hier ankert. Rudolf Koß schaut fasziniert zu, wie immer mehr Salz in den Schiffsraum gekippt wird. Er hat er Bergbau studiert, seit 1993 arbeitet er am Stadthafen. Auch seine beiden Mitarbeiter, die Verlader Gerhard Grins und Michael Bloche, kommen aus anderen Berufen: Sie haben Schlosser und Elektriker gelernt. Heute überwachen und steuern sie von einem kleinen Bürocontainer aus die Verladung der Güter. Dazu gehört auch die Kontrolle des Schiffraums vor der Verladung.

Der Container, in dem die beiden vor großen Bildschirmen sitzen, die die Verladung zeigen, steht auf Stelzen. Was seltsam anmutet, hat einen einfachen Grund. "Wenn der Rhein Hochwasser führt, steht das Wasser bis hier oben", sagt Rudolf Koß und zeigt auf die an diesem Tag völlig trockene Betonfläche vor dem Container. "Deshalb sind auch die Transportbänder von unten wassergeschützt."

Etwa 350.000 Tonnen Salz werden hier pro Jahr verladen, maximal 250 pro Stunde schafft die Verlademaschine. Die Transportkette vom Bergwerk bis zum Schiff muss gut koordiniert werden. Die Lkw fahren jeden Tag mehrfach hin und her. Sie brauchen eine spezielle Ausstattung, etwa eine Plane, damit das Salz auf dem Weg bedeckt bleibt, und eine Verkleidung aus nicht-rostenden Materialien.

An der Kaimauer riecht es nach Öl und Salz - und fast ein bisschen nach Meer. "Einer unserer Mechaniker sagt immer: Sonne, Wasser Sand und immer draußen, hier hat man alles", sagt Koß, "und eigentlich hat er damit wirklich recht."

(RP)
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