Reportage am Montag Wo die Sonne nicht untergeht

Dinslaken · Johann Paul und Marian Fuchs fuhren mit ihren Motorrädern von Dinslaken bis an die nördlichste Spitze Europas - und zurück.

"Ich kann noch nicht wieder richtig schlafen. Ich bin eigentlich noch immer unterwegs." Das sagt Johann Paul, obwohl er schon seit einigen Tagen wieder zurück in seiner Heimat Dinslaken ist. 9000 Kilometer hat er in drei Wochen auf seinem Motorrad hinter sich gebracht. Vom Dinslaken zum Nordkap, von dort vorbei an Fjorden und durch Polen zurück zum Ausgangspunkt der Reise. Stolz präsentiert er die Urkunde, die ihm bescheinigt, dass er den Polarkreis überquert und es bis an einen der nördlichsten Punkte auf dem europäischen Festland geschafft hat. "Das ist das wichtigste Andenken an die Reise überhaupt", sagt der 61-Jährige.

Die Tour in Worte zu fassen, fällt ihm schwer. "Es war einfach unbeschreiblich", sagt er. "Die Landschaft dort oben ist rau und wild, und gelegentlich fühlt man sich so, als wäre man auf dem Mond", berichtet der Motorradfahrer aus Dinslaken. "Die Fahrt war ein echtes Abenteuer." Begonnen hatte die Tour, die er gemeinsam mit seinem ehemaligen Arbeitskollegen Marian Fuchs unternahm, am 26. Juni. Mit dem Motorrad ging es in Richtung See, dann mit der Fähre weiter und schließlich durch die Wildnis von Lappland und Norwegen bis zum Nordkap auf der Insel Magerøya. "Auf den letzten Kilometern muss man sich unheimlich konzentrieren", berichtet Johann Paul. Durch mehrere Tunnel, der letzte jene, der die Insel mit dem Festland verbindet, geht es in Richtung eines der nördlichsten Punkte auf dem europäischen Festland. "Der letzte Tunnel alleine ist fast sieben Kilometer lang und es ist dort überall relativ eng", beschreibt Johann Paul. "Jetzt kann ich auch verstehen, warum einige kurz vor dem Ziel die Reise abbrechen."

Aber er und sein Kollege Marian Fuchs haben den Weg geschafft. "Wir sind eigentlich mitten in der Nacht am Nordkap angekommen, und trotzdem schien dort die Sonne", erzählt Johann Paul . Die erhellt nämlich im Polarsommer den ganzen Tag über den Horizont. "Sie sinkt abends nur leicht ab, bleibt dann stehen und kommt morgens wieder hoch", schildert der 61-jährige Motorradfahrer das Naturphänomen. "Wenn man schlafen will, muss man also für Verdunklung sorgen." Normalerweise würde man die Fenster schließen, aber die beiden Biker übernachteten ohnehin meist in Zelten, die sie auf ihren Maschinen mitführten. "Einmal kamen wir an einem Campingplatz, der schon geschlossen war. Wir konnten niemanden erreichen, also haben wir uns in Schlafsäcken unter ein Vordach gelegt und da geschlafen", erzählt Johann Paul. Eine weitere abenteuerliche Fahrt führte das Duo, das einigen Hinweisschildern folgte, an einen großen See. "Dort standen nur ein paar Hütten und es gab einen riesigen Grill. Sie haben gebratenes Rentier serviert, und danach gab es Kuchen. Da haben wir uns richtig den Bauch vollgeschlagen", berichtet Johann Paul mit einem Lachen.

Rentiere waren auf der Reise überhaupt ein Phänomen für sich. "Überall wo die entsprechenden Warnschilder standen, waren die Tiere auch auf den Straßen", erinnert sich der Hobbybiker aus Dinslaken. Als er versuchte, mittels Hupe eins der Tiere von der Fahrbahn zu vertreiben, klärte ihn ein Lkw-Fahrer auf. "Die Menschen dort leben sehr im Einklang mit der Natur. Wenn ein Rentier auf der Straße steht, dann warten sie einfach fünf bis zehn Minuten, bis es wieder weg ist", erzählt er.

Hinter Stockholm trennten sich auf der Rückfahrt die Wege der beiden Reisenden. Während Marian Fuchs weiter nach Dänemark fuhr, zog es Johann Paul in seine polnische Heimat. "Ich habe das Grab meiner Eltern besucht und Zeit mit Freunden verbracht. Aber irgendwann bin ich dann Non-Stop nach Dinslaken gefahren. Ich wollte wieder zurück." Drei Wochen nach der Abfahrt aus der Stadt kehrte Johann Paul von seiner Abenteuerreise Richtung Nordkap zurück.

(RP)
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