Dormagen 3D-Modell zeigt Zons im Miniaturformat

Dormagen · Eine Privatinitiative setzt sich für das 30.000 Euro teure Projekt ein und sucht Sponsoren. Der erfahrene Künstler Egbert Broerken aus Westfalen soll das Modell erstellen, das auch Blinden die Stadt erklärt. Unklar ist noch der Standort.

 Auch (sehende) Kinder haben Freude an dieser Art der Stadtentdeckung, wie in Haltern am See, wo Künstler Egbert Brörken das Modell gestaltete.

Auch (sehende) Kinder haben Freude an dieser Art der Stadtentdeckung, wie in Haltern am See, wo Künstler Egbert Brörken das Modell gestaltete.

Foto: Brörken

Hermann Kienle versteht es, in verschiedene Rollen zu schlüpfen. Zum Beispiel als Nachtwächter führt er Touristen kundig durch die Altstadt von Zons. Als Leitfigur stand er jetzt vor den Mitgliedern des Kulturausschusses und warb um Unterstützung für ein neues Projekt: ein Blinden-Stadtmodell für Zons. Bronzene Skulpturen sollen Sehbehinderten die Möglichkeit geben, dreidimensionale architektonische, geschichtliche oder touristische Erfahrungen zu machen. Eine Initiativgruppe will dieses Projekt umsetzen, für das 30.000 Euro benötigt werden. Der Ausschuss war jedenfalls angetan: "Ein tolles Engagement", lobte Kai Weber, Vorsitzender der CDU-Fraktion, "eine wunderbare Idee", formulierte Martin Pehe von den Grünen. So einig sich die Politik in der Bewertung war, so uneins zeigte sie sich beim möglichen Standort.

"Auf Fingerkuppen durch die Straßen spazieren. Die Anordnung der Plätze und Gassen ertasten. Architektur und Stadtgeschichte erfahren" - Hermann Kienle nahm die Kulturpolitiker emotional mit auf eine Reise durch das historische Zons, so wie es Sehbehinderte erleben sollen. "Wenn sehbehinderte Mitbürger zum ersten Mal ihre Stadt befühlen, deren Mauern sie zwar berühren, deren Dimension sie aber nie begreifen konnten, so ist es für sie eine ganze neue Erfahrung." Dies will eine Initiativgruppe ermöglichen, die auf Anregung von Thomas Schwach, einem Historiker, der heute in St. Gallen lebt, zusammengekommen ist. Dazu gehören die Kultur- und Heimatfreunde Stadt Zons, der Verkehrsverein Zons, der Geschichtsverein Dormagen, der Förderverein Denkmalpflege Stadt Zons, Stephen Schröder, Leiter des Kreisarchivs, und dessen Vorgänger Karl Emsbach, sowie die Selbsthilfegruppe für Sehbehinderte Dormagen. Zwei Treffen gab es bislang, Anfang Januar soll das nächste folgen.

Einen Künstler haben die Initiatoren auch schon im Blick: Egbert Brörken aus dem westfälischen Welver. Er ist erfahren und hat bereits einige Stadtmodelle geschaffen, die im In- und Ausland an markantenPlätzen des öffentlichen Raumes aufgestellt wurden. Jeweils ein Dreivierteljahr nimmt die Herstellung eines Bronzemodells in Anspruch, das 0,84 mal 1 Meter groß ist. Kienle betonte, dass das Modell "das heutige, aktuelle Zons" abbilden soll, "also mit dem neuen Kreisarchiv".

Doch wohin mit einem solchen Sehbehinderten-Modell? Die Initiatoren sähen das gern auf dem Rheintorplatz, weil es dort eine hohe Besucherfrequenz gebe. Davon nicht begeistert äußerte sich Kai Weber: "Darüber sollten wir noch einmal nachdenken." Er befürchtet, dass das Modell mit Farbe beschädigt werden könnte. Besser gefalle ihm als Standort der Kräutergarten hinter der Tourist-Info, der nachts abgeschlossen werde. Sehr zum Unverständnis von Martin Pehe: "Sollen wir die Blinden dann an die Hand nehmen und in den abgelegenen Garten führen? Der Rheintorplatz ist deswegen gut, weil er so belebt ist." Die Verwaltung soll sich jetzt zusammen mit der Arbeitsgruppe um einen geeigneten Standort kümmern.

(schum)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort