Dormagen Als Dormagen noch ein Dorf war...

Dormagen · Vor gut 60 Zuhörern skizzierte Eduard Breimann in seinem Vortag "Werk und Stadt - 100 Jahre Bayer und Dormagen" die Geschichte der Entwicklung des Bayerwerks bis zum heutigen Chempark in Bezug zur Entwicklung der Stadt.

Wie sah Dormagen vor rund 100 Jahren aus und gab es bereits das Bayerwerk? Mit diesen Fragen beschäftigte sich der Historiker Eduard Breimann am vergangenen Freitag in seinem Vortrag "Werk und Stadt - 100 Jahre Bayer und Dormagen" in der Volkshochschule. Mit rund 60 Anwesenden war der Saal gut gefüllt.

1912 bestand das Bayer-Unternehmen aus dem Stammhaus in Elberfeld und dem Leverkusener Hauptwerk. Als der Chemiker und Oberste Beamte Carl Duisberg das Werk in Leverkusen erweitern sollte, scheiterte das am Platz. Als Lösung wurde das linksrheinische Gebiet zwischen Dormagen und Worringen in Betracht gezogen, wobei der größte Teil in Worringen lag. Ursprünglich sollten dort die Abfälle des Bayerwerks Leverkusen gelagert werden. Ab Mitte 1914 wurde die Fläche mit Schutt aufgefüllt und ein provisorischer Hafen angelegt.

Als der erste Weltkrieg im Jahre 1914 ausbrach, kam aus Berlin der Befehl, in Worringen nun Kriegswaffen herzustellen. Zunächst einmal mussten die Grundvoraussetzungen geschaffen werden. 1916 wurden ein Kohlekraftwerk sowie ein Wasserturm erbaut. Im August 1917 konnte die Produktion von Schwefel- und Prikrinsäure starten. Das Werk Worringen war somit fertiggestellt.

 Frauen füllen Granaten ab. 1200 Frauen aus Dormagen und Umgebung arbeiteten im Werk. Im Dezember 1917 waren etwa 4000 Menschen im Werk beschäftigt. Das Werk verlangte und bekam Zwangsarbeiter aus Belgien.

Frauen füllen Granaten ab. 1200 Frauen aus Dormagen und Umgebung arbeiteten im Werk. Im Dezember 1917 waren etwa 4000 Menschen im Werk beschäftigt. Das Werk verlangte und bekam Zwangsarbeiter aus Belgien.

Foto: Alle Fotorechte bei Eduard Breimann

Pro Monat wurden dort etwa dreißigtausend Granaten hergestellt. Da die Männer im Krieg kämpften, waren überwiegend Frauen sowie Kriegsgefangene in der Produktion beschäftigt. Im weiteren Kriegsverlauf sollte im Bayerwerk auch eine Giftgas-Produktion starten. Bayer produzierte den Hauptanteil des Giftgases Lost. "Es ist jedoch bewiesen, dass in Worringen keine Granaten mit dem giftigen Gas befüllt wurden", erzählt Breimann.

 Bürgermeister Krisinger (mit Frau Josephine) residierte von 1910-1924. Foto datiert von 1921.

Bürgermeister Krisinger (mit Frau Josephine) residierte von 1910-1924. Foto datiert von 1921.

Foto: Breimann

Als der Krieg im Jahre 1918 verloren war, wurden die Produktion zunächst eingestellt. Im Sommer 1920 wurde die Schwefelsäure-Produktion wiederaufgenommen und das Werk in das heute bekannte "Bayerwerk Dormagen" umbenannt. Von diesem Zeitpunkt an ging es bergauf: Es gab wieder mehr Arbeitskräfte und 1927 begann die Faserproduktion. Bis heute werden dort unter anderem Dralon- und Perlonfasern hergestellt. Bevor das Bayer-Unternehmen entstand, waren Dormagen und Worringen kleine Fischerdörfer mit einfachen Lebensverhältnissen.

"Es gab nicht einmal Kanalisationen oder elektrisches Licht, erklärte Eduard Breimann den interessierten Zuhörern. Auch nach dem Ende des Krieges ist Dormagen zunächst noch ein Dorf geblieben. In den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts eröffneten die erste Berufsschule sowie Realschule. Ab den 1930er Jahren kam es zu einem regelrechten Bauboom in Dormagen, da das Werk expandierte und es dadurch notwendig war, für die wachsende Zahl der Arbeiter Wohnungen bereit zu stellen. Somit entwickelte sich das einstige Dorf allmählich zu einer Stadt.

 Vom Bahnhof zweigten die Gleise zur Zuckerfabrik und in das Bayer-Werksgelände ab.

Vom Bahnhof zweigten die Gleise zur Zuckerfabrik und in das Bayer-Werksgelände ab.

Foto: Breimann

"Die Geschichte des Bayerwerks ist eng mit der Entwicklung von Dormagen verbunden und seitdem nicht mehr aus Dormagen wegzudenken", erklärt Breimann. Vor kurzem erst wurde das 100-Jährige Bestehen mit vielen Veranstaltungengefeiert. Streng genommen stimmt dieser Termin nicht mit der Geschichte überein, da das Werk erst 1920 entstand.

Heute ist aus dem ehemaligen Bayerwerk der Chempark geworden, in dem mittlerweile rund 60 Unternehmen ansässig sind.

(NGZ)
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