Dormagen Als Fotografin im Tannenbusch auf Pirsch

Dormagen · Sigrid Scheuss dokumentiert mit ihrer Kamera seit gut 30 Jahren die Dormagener Stadtgeschichte. Am liebsten hält sie sich im Forst am Wildpark auf. Dann sind mitunter auch ihre Enkel Nick (11) und Ella-Lina (9) bei der Motivsuche dabei.

 Die Kamera ist Sigrid Scheuss' ständiger Begleiter.

Die Kamera ist Sigrid Scheuss' ständiger Begleiter.

Foto: LBER

Morgens kann man ihr schon vor 8 im Tannenbusch begegnen. An Tagen, an denen das Sonnenlicht zaghaft seine Strahlen durch die hohen Kiefern schickt und im Frühnebel abstrakte Bilder malt. Dann ist Sigrid Scheuss mit ihrer Kamera in der Nähe und fängt dieses Lichtspiel ein. Der Tannenbusch ist ihr Lieblingsplatz in Dormagen, "weil man hier Licht besonders gut sichtbar machen kann". Am allerliebsten geht Scheuss abseits der viel bevölkerten Pfade. Dort, wo man gar nicht nach Motiven suchen muss, weil sie sich dem aufmerksamen Betrachter längs des Weges geradezu aufdrängen.

Dass Sigrid Scheuss stets ihre Kamera dabei hat, liegt an ihrer Profession. Die 74-Jährige hat vor gut 30 Jahren die Fotografie für sich entdeckt und hält ebenso lange das Stadtgeschehen in Bildern fest. Im Archiv der Fotochronistin, die ihren Stil selbst als "dokumentarisch" beschreibt, finden sich die wichtigen, prägenden Momente der letzten 30 Dormagener Jahre: ein strahlender Heinz Hilgers nach seiner ersten Wahl zum Bürgermeister 1994, der Bau der Rathaus-Galerie, Stadt- und Schützenfeste - analog und digital verewigt für die Nachwelt.

 Ast-Werk: die hohen Bäume am Geopark bieten vielfältige Ansichten.

Ast-Werk: die hohen Bäume am Geopark bieten vielfältige Ansichten.

Foto: Berns, Lothar (lber)

2017 wird Sigrid Scheuss in einer Retrospektive eine Auswahl ihrer Fotografien im Kulturhaus ausstellen. Danach gehen Dias, gedruckte Bilder und Dateien in den Besitz des Kreisarchivs über. Gegenwärtig sichtet "Sigi", wie sie von Freunden genannt wird, in ihrem Keller in Delhoven die gesammelten Werke der letzten Jahrzehnte. Sortieren, datieren, beschriften. "Eine Mammutaufgabe", sagt die 74-Jährige.

Zeit für ihren geliebten Tannenbusch muss aber sein, gerade weil auch die beiden Enkel schon ihre Liebe zum Naturpark entdeckt haben. Fast jedes Wochenende besuchen Nick (11) und Ella-Lina (9) die Oma, und oft geht es dann mit der Kamera auf die Pirsch im Wald. "Die Kinder laufen stundenlang und es wird ihnen nicht langweilig, weil sie hier 100.000 Details entdecken können", sagt Scheuss. Und weil nur Übung den Meister macht, überlässt sie Nick und Ella-Lina gerne ihre Nikon, um das Farbenspiel der Blätter, bizarre Baumruinen, Pilze oder die Wolkenbilder am Himmel einzufangen.

Beide scheinen den Blick für das Motiv zu entwickeln und die Geduld, die es für ein wirklich gutes Foto braucht. "Man muss manchmal an fünf, sechs verschiedenen Tagen losgehen, bis das Licht so ist, wie man es haben will", weiß die Fotografin. Sie mag den Tannenbusch, weil er Kontraste bietet. Hier der immer gut besuchte Spielplatz, dort menschenleere Pfade; die Weite des Himmels über der großen Wiese und nicht weit davon die hohen Kiefern. Wer im Geopark steht, spürt die Winzigkeit eines Menschenlebens im Angesicht Millionen Jahre alter Gesteine. "Sigi" Scheuss liebt ihn einfach, diesen "teils kultivierten, teils wilden Wald".

(NGZ)
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