Analyse Das Experiment ist beendet

Dormagen · Bürgermeister rückt von der Idee der wechselnden Mehrheiten ab

 Will eine klare Arbeitsstruktur: Bürgermeister Erik Lierenfeld.

Will eine klare Arbeitsstruktur: Bürgermeister Erik Lierenfeld.

Foto: lh

Die Idee klang gut: Nicht Koalitionen entscheiden, welches Projekt angepackt wird, sondern die Mehrheit für die beste Idee. Die atmosphärischen Störungen und nicht zuletzt die Vorkommnisse im Stadtrat mit zwei Sitzungsunterbrechungen, vier persönlichen Erklärungen und dem Verschieben von Entscheidungen haben offenbar zu einem Umdenken nicht nur bei CDU, Zentrum und FDP geführt, die eine Koalition anstreben, sondern auch bei Bürgermeister Erik Lierenfeld. Er spricht offen von Veränderungen, um eine andere Arbeitsstruktur herzustellen. Heißt übersetzt nichts anderes als: Mein Experiment ist gescheitert, mit diesem Rat funktioniert es nicht, ich brauche klare (Koalitions-)Strukturen.

Die Rolle rückwärts wird es nicht leichter machen, denn Mehrheiten sind nicht in Sicht. Das Dreier-Bündnis käme auf 21 Stimmen, ebenso wie eine mögliche Verbindung zwischen SPD, Grünen und Piraten/Linke - jeweils zwei Stimmen zu wenig, wobei SPD-Mitglied Lierenfeld seine Stimme noch in die Waagschale werfen kann. Warum eine Koalition sinnvoll ist, erklärt FDP-Fraktionschef Karlheinz Meyer so: "Die Mehrheitsfindung im Rat wird einfacher, weil weniger Gespräche geführt werden müssen." Welche Bündnisse kommen überhaupt in Frage? Die Optionen:

1. CDU, Zentrum, FDP: Am wahrscheinlichsten, weil die inhaltliche Schnittmenge am größten ist. Aber CDU-Vize Jo Deußen postete bei Facebook: "Koalition? Blödsinn!"

2. wie oben, mit Grünen (Ratsmehrheit, 24 Stimmen): Unwahrscheinlich, weil sich Grüne und Zentrum nicht verstehen.

3. SPD, Grüne, Piraten/Linke: Gut möglich, wobei die Grünen gerne ihre "Wahlfreiheit" haben möchten.

4. wie 3., aber mit Zentrum (Ratsmehrheit, 24 Stimmen, plus BM): Unwahrscheinlich, siehe 2.

5. Große Koalition: Unwahrscheinlich, sagt auch SPD-Chef Bernhard Schmitt. Zudem herrscht zwischen CDU-Fraktionsvorsitzendem Heryschek und Lierenfeld zurzeit schlechte Stimmung.

6. "Ampel" mit SPD, FDP, Grüne, Piraten/Linke (Mehrheit mit 23 Stimmen plus BM): schwierig, weil die FDP zur CDU will.

Spannend: CDU, Zentrum und FDP könnten Lierenfeld von Fall zu Fall 21 Stimmen "anbieten". Dieser würde auf diesem Weg Themen ohne Umwege eher voran bringen, wenn "seine" SPD ihm keine Mehrheit verschaffen kann. Das erhöht jetzt den Druck auf die SPD-Spitze. Lierenfeld könnte argumentieren: Er ist angesichts von 52 Prozent der Bürgermeister aller Dormagener.

(NGZ)
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