Suchthilfe-Zentrum der Caritas Der Klang des Körpers

Suchthilfe-Zentrum der Caritas · Suchthilfe-Zentrum der Caritas an der Nettergasse und Präventionsausstellung zu Essstörungen im Beisein von Bundes-Gesundheitsministerin Ulla Schmidt eröffnet und eingeweiht.

 Eröffnung des Suchtzentrums Nettergasse der Caritas und der Ausstellung über Essstörungen: Hans-Jürgen Petrauschke, Wilfried Jacobs, Ministerin Ulla Schmidt, Karsten Mankowski Hans-Werner Reisdorf und Norbert Kallen.

Eröffnung des Suchtzentrums Nettergasse der Caritas und der Ausstellung über Essstörungen: Hans-Jürgen Petrauschke, Wilfried Jacobs, Ministerin Ulla Schmidt, Karsten Mankowski Hans-Werner Reisdorf und Norbert Kallen.

Foto: NGZ

Die Geigerin entlockt der Violine zarteste Töne "Ich bin sensibler als andere", spricht eine junge Frau. "Es ist, als prallen zwei Felsen gegeneinander", sagt eine andere. Die Geige zerspringt fast in ihren Dissonanzen... Empfindungen von jungen Menschen, die unter Essstörungen leiden. Sie deutlich machen will Stephanie Lahusen mit ihrer Ausstellung "Klang meines Körpers". Eine höchst individuelle und persönliche Darstellung der Nöte, Ängste und Befindlichkeiten von Essgestörten. Die Musiktherapeutin fand über Klangwelten und Bilder Zugang zu der abgeschirmten, höchst sensiblen Welt dieser Kranken. Über diese persönliche Sicht findet sie Verständnis für Hilfen, wie sie in dem neuen Suchthilfezentrum der Caritas an der Nettergasse angekommen.

Die Schau wurde bisher nur in Bayern gezeigt, wo sie den Bayrischen Präventionspreis erhielt. Stephanie Lahausen und Netterzentrum-Leiterin Andrea Groß-Flunkert zeigen sie zur offiziellen Einweihung des neuen Suchtzentrums durch Pastor Peter Stelten. Anlass genug für einen Besuch von Bundes-Gesundministerin Ulla Schmidt und AOK-Chef Wilfried Jacobs. "Der Weg zur Gesundheit ist der Weg zu Dir selbst", zitierte die Ministerin eine Betroffene. "Wie fühle ich, wie werde ich akzeptiert?" — Fragen, die Essgestörte verzweifelt an sich selbst richten.

"Das macht die Krankheit so schwierig zu erkennen", sagt Schmidt. Sensible Zuwendung ist ein Faktor, das Innere des Betroffenen aufzuspüren, das Entdecken des schöpferischen Potenzials ein anderer, das Schaffen eines Selbstwertgefühls ein dritter. Ulla Schmidt geht aber auch auf den Sozialzwang ein, der oftmals am Anfang der Essstörung steht: 56 Prozent der Jugendlichen möchten dünner sein, 63 Prozent besser aussehen — "oftmals der Beginn eines inneren Teufelskreises", so Schmidt. Die Umwelt müsse diese Spirale erkennen, akzeptieren, dass eine Essstörung kein böser Wille sei.

Die AOK stützt laut Vorstandsvorsitzendem Rheinland-Hamburg, Wilfried Jacobs, insbesondere die Vorbeugung vor Krankheiten bei Kindern und Jugendlichen. "Wir sehen nicht mehr nur die Fälle und die Rechnungen, sondern blicken auf die Menschen hinter der Krankenakte", so Jacobs. Das Suchtzentrum und die Ausstellung seien auf dem richtigen Weg, insbesondere für die Jugendlichen selbst, aber auch für Eltern, Lehrer, Angehörige.

Für die Caritas heben Norbert Kallen, Direktor im Rhein-Kreis Neuss, und Diözesan-Caritasdirektor Dr. Frank Johannes Hensel die Erfahrung der Suchtkrankenhilfe in der Caritas, insbesondere des Rhein-Kreises Neuss, hervor. Mit dem Netterzentrum und der Ausstellung seien weitere Meilensteine in dieser Arbeit geschaffen worden. "Der wichtigste Weg zum Erkennen und Behandeln der Krankheit ist das Schaffen eines funktionierenden und umfassenden Netzwerkes." Die Caritas im Rhein-Kreis Neuss sei in dieser Hinsicht vorbildlich. Auch in Dormagen ist damit mit den Einrichtungen der Caritas und der AHG-Suchtklinik am Bahnhof ein umfassendes Netz geschaffen worden.

Dank an die Ehrenamtler spricht Kreisdirektor Hans-Jürgen Petrauschke aus. Ohne sie könne das Netzwerk der Hilfe und Unterstützung nicht leisten. "Viele staatliche Aufgaben werden von den Wohlfahrtsverbänden optimal geleistet — ohne sie wäre das Sozial- und Gesundheitswesen kaum finanzierbar." Für Maria Spahn, Landeskoordinatorin für Essstörungen in NRW hat vor allem die Vorbeugung bei der Krankheit Vorrang: "Wir müssen die Schulen und andere Jugendeinrichtungen erreichen, um das Problem deutlich zu machen." Mit den stillen und eindringlichen Wegen, wie sie die Ausstellung biete, könne den Betroffenen ein großes Stück ihrer Schwellenangst genommen werden.

Zur Sache Der ferne Klang

(RP)
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