Martin Mertens Und Carsten Friedrich Der Verkehr wird auf den Kopf gestellt

Dormagen · Bürgermeister Martin Mertens und Rommerskirchens Mobilitätsmanager Carsten Friedrich streben im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) deutliche Verbesserungen in der Gemeinde an, ebenso für Radfahrer.

 Die Verknüpfung von Bus- und Schienenverkehr am Rommerskirchener Bahnhof soll deutlich verbessert werden.

Die Verknüpfung von Bus- und Schienenverkehr am Rommerskirchener Bahnhof soll deutlich verbessert werden.

Foto: ssc

Woran hapert es aus Ihrer Sicht beim Öffentlichen Personennahverkehr in Rommerskirchen besonders?

Martin Mertens An zwei Dingen: Zum Einen sind die kleineren Ortslagen schlecht angebunden und die Taktung ist ungünstig. Und zum Anderen ist die Verbindung von Bus- und Schienenverkehr nicht so, wie wir uns das wünschen.

Wo sehen Sie Ansatzpunkte für Verbesserungen in naher Zukunft und auf längere Sicht?

Mertens Für die nahe Zukunft planen wir einen Test in Vanikum mit Mitfahrbänken. Das System soll wie ein institutionalisierter Anhalterdaumen funktionieren. An den Bänken wird es Fächer mit Fahrzielen im Gemeindegebiet geben. Wer von Autofahrern mitgenommen werden und nicht lange auf den nächsten Bus warten möchte, kann die Fächer hochhalten und so quasi per Anhalter fahren.

Und mittel- und langfristig?

Mertens Mittelfristig möchten wir die Barrierefreiheit bei den Bussen weiter verbessern. Und auf längere Sicht wollen wir den Busverkehr in Rommerskirchen komplett neu aufstellen. Die Grundstruktur stammt noch aus den 1970er Jahren und ist seitdem nur minimal nachjustiert worden. Dabei haben sich die Bedingungen und die Ansprüche massiv verändert. Wir streben ein neues System an, das vorrangig unsere Ortslagen berücksichtigt.

Carsten Friedrich Das Kernproblem ist, dass die Busanschlüsse bislang nicht speziell auf Rommerskirchen abgestimmt sind, sondern auf umliegende größere Städte. Bei uns laufen die Busse einfach durch. Unser Ansinnen ist es aber, eine gute Verknüpfung von Busverkehr und Bahnhof zu erreichen.

Wer muss bei den Planungen aus Ihrer Sicht unbedingt mit ins Boot?

Mertens Auf jeden Fall ein Verkehrsplaner, der Busverkehr Rheinland und der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr sowie die Kreisverkehrsgesellschaft. Außerdem unsere Nachbarkommunen Bergheim, Bedburg und Pulheim, um das ganze sinnvoll abzustimmen.

In vielen ländlichen Gebieten werden Bürgerbusse als Ergänzung zum Linienverkehr eingesetzt. Könnte das auch für Rommerskirchen eine Option sein?

Mertens Den Versuch gab es vor etlichen Jahren ja schon, er ist damals aber gescheitert. Aber vielleicht werden Bürgerbusse vor dem Hintergrund des demografischen Wandels in Zukunft bei uns doch wieder ein Thema werden. Voraussetzung wäre aber auch bürgerschaftliches Engagement für den Betrieb der Fahrzeuge.

Für wie realistisch halten Sie es, dass Rommerskirchen einen eigenen S-Bahn-Halt bekommt?

Mertens Für sehr realistisch, zumal bei diesem Thema die Kommunen aus dem südlichen Kreisgebiet und auch Landrat Hans-Jürgen Petrauschke an einem Strang ziehen, dem dafür ausdrücklich Dank gebührt. Mein Ziel ist es, dass wir den S-Bahn-Stopp bis 2025 hinbekommen.

Welche Bedeutung hat ein S-Bahn-Anschluss für die weitere Entwicklung der Gemeinde, wirtschaftlich und mit Blick auf die Bürger?

Mertens Die S-Bahn ist eine Marke und ein wichtiger Standortfaktor. Von Unternehmen, die sich hier ansiedeln wollen, werden wir immer wieder gefragt, ob es in Rommerskirchen einen S-Bahn-Anschluss gibt oder ob ein solcher in Aussicht steht. Das ist nicht zuletzt wegen der Mitarbeiter, die oft aus dem Raum Köln kommen, und wegen der Kunden sehr wichtig für die Firmen. Da spielt auch der psychologische Effekt eine Rolle: Mit S-Bahn sind wir gefühlt ein Vorort von Köln, ohne sind wir Provinz.

Haben Sie grundsätzlich noch ungewöhnliche Ideen im Zusammenhang mit dem ÖPNV in Rommerskirchen?

Friedrich Wir möchten insgesamt die Nah-Mobilität fördern, also den Fußgänger- und Fahrradverkehr. Dabei denken wir besonders an die Ortslagen in der Nähe des Strategischen Bahndamms. Der könnte nämlich als schneller Radweg genutzt werden - kreuzungsfrei und sicher. Zudem können wir uns vorstellen, am Bahnhof sichere Abstellmöglichkeiten für Elektro-Fahrräder zu schaffen.

STEFAN SCHNEIDER FÜHRTE DAS INTERVIEW.

(NGZ)
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