Gedenkstein erinnert in Berlin an Körper-Spender Die Betroffenheit im Spektakulären

Von Chris Stoffels

Von Chris Stoffels

"Körperwelten" - die spektakuläre Reise in das Innere des Menschen. Tote Körper als Plastinate erhalten - wohl kaum eine andere Ausstellung hat die Menschen in den vergangenen Jahren so fasziniert und erschreckt. Jetzt wird auch der Menschen gedacht, die ihre Körper dem Institut für Plastination an der Uni Heidelberg mit Professor Gunther von Hagens als ärztlichem Direktor an der Spitze gespendet haben. Der Gedenkstein an die Spender der Plastinate-Ausstellung Körperwelten, der jetzt in Berlin enthüllt wurde, stammt von dem Dormagener Steinmetz und Bildhauer Gregor Davertzhofen. NGZ-Foto: M. Reuter -->

Den Gedenkstein, der zurzeit in Berlin steht, schuf der Dormagener Steinbildhauer Gregor Davertzhofen. Lange Schlangen vor dem Postbahnhof in der Nähe des Ostbahnhofs an der Straße der Pariser Kommune in Berlin. Wie zuvor in Köln, Oberhausen und anderen Städten wollen die Menschen den realistischen Blick in das Innere des Körper, auf die Muskeln, in die einzelnen Organe oder den spektakulären Reiter mit Pferd werfen. Ein Blick, wie es ihn zuvor nie gab.

Der Original-Körper, durch die Plastination in seiner Klarheit und Genauigkeit fast verfremdet und überhöht, wird ausgestellt. Der ursprünglich medizinische Zweck wird zum Spektakel. Die einen schauen fasziniert, andere wenden sich ab, kämpfen mit der Ohnmacht. Doch wer waren diese Menschen, die ihren Leichnam für eine solche Aufbereitung, für eine solche spektakuläre und für manche voyeuristische, für andere makabre Schau zur Verfügung stellen. Ihnen zu Ehren wurde jetzt in Berlin in der Ausstellung ein Stein enthüllt: "Im Gedenken an die Körperspender" lautet die Inschrift.

Geschaffen hat diesen Stein der Dormagener Steinmetz, -bildhauer und Gestalter im Handwerk, Gregor Davertzhofen. Auftraggeber war das Heidelberger Institut für Plastination mit Professor von Hagens und Dr. Angelina Whalley als geschäftsführender Direktorin an der Spitze. Enthüllt wurde der Gedenkstein am Wochenende in der Ausstellung im Rahmen eines Treffens der Spender, die ihren Körper nach ihrem Tode anstatt zur Organspende zur Plastination freigeben. Den Auftrag hat Gregor Davertzhofen per Zufall bekommen. Christof Göppner, der Sohn des Landschaftsarchitekten, der die medizinische Körper-Präsentation maßgeblich mitgestaltet hat, ist einer der beiden Auszubildenden in dem Dormagener Betrieb.

Ungewöhnlich war auch die Bearbeitungszeit: Davertzhofen hatte nur sechs Arbeitstage zur Verfügung, um den Stein zu gestalten. Für den 33-jährigen Dormagener im elterlichen Betrieb war es eine besondere, eine "zwiespältige" Aufgabe: "Im Normalfall dient der Gedenkstein den Angehörigen als Ort der Trauer. Aber gibt es in dieser Ausstellung Trauer?" Davertzhofen spricht von "Betroffenheit", die dieser Stein inmitten des Ausstellungsrummels auslösen soll.

Gedenksteine stehen normalerweise auf den Gräbern, den Orten der Bestattung. Aber in einer solch spektakulären Schau? "Wir wollen ein Zeichen schaffen, um innerhalb der Schau inne zu halten." Basis des Steins ist ein Sockel aus schwarzschwedischem Granit mit gebrochener Oberfläche, Symbol für die Urgefühle wie der Trauer, aber auch des Schauers über die dargestellten Körper. In den Stein eingelassen ist eine Glasplatte mit dem Gedenktext in fünf Sprachen. Sie steht für Transparenz und Durchlässigkeit. Davor steht eine Steinplatte, darin eingraviert ein Plastinat. Der Gedenkstein wandert mit der Ausstellung weiter, soll ihr Bestandteil und Inhalt werden; die nächste Station wird Brüssel sein.

(NGZ)
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