Dormagen Dormagener gedenken der NS-Opfer

Dormagen · Rund 100 Dormagener setzten am Samstagabend bei der Gedenkfeier auf dem jüdischen Friedhof 75 Jahre nach der Reichspogromnacht ein deutliches Zeichen gegen Rassismus und Gewalt. Schüler gestalteten die Gedenkstunde mit.

Genau 75 Jahre nach der Reichspogromnacht, bei der Juden in ganz Deutschland auf Geheiß der Nationalsozialisten überfallen, ihre Wohnungen geplündert und verwüstet wurden, Synagogen brannten und jüdische Familien in so genannte "Schutzhaft" genommen wurden, setzten am Samstagabend rund 100 Dormagener auf dem jüdischen Friedhof an der Krefelder Straße ein deutliches Zeichen gegen Rassismus und Gewalt.

Bei der Gedenkfeier, die das Kulturbüro mit dem Partnerschaftsverein Dormagen-Kiryat Ono ausrichtete, erinnerte Bürgermeister Peter-Olaf Hoffmann nicht nur an den NS-Terror, sondern warnte vor Rechtsradikalismus und Rassismus. Hoffmann forderte auf: "Betroffenheit allein reicht nicht aus, wir müssen nach wie vor wachsam sein und jeder Art von Unmenschlichkeit Einhalt gebieten." Vor der Niederlegung eines Gesteckes erklärte Hoffmann zu den Stolpersteinen vor den Wohnhäusern der Holocaust-Opfer: "Wir wollen uns an ihre Namen erinnern und das, was ihnen angetan wurde, nicht verdrängen. Die Verbrechen des Dritten Reiches mahnen uns, wohin Rassismus und das beständige Schüren von Vorurteilen führen können."

Mit ergreifenden Worten bedankte sich Hanni Paschek-Dahl, Tochter der Holocaust-Überlebenden Jakob und Irene Dahl, die sich im Ghetto Riga kennen lernten, bei der Stadt und den Schulen für das Aufrechterhalten der Erinnerung an die NS-Opfer: "Ich spreche für verfolgte und ermordete Menschen", sagte Hanni Paschek-Dahl, die es für unverzichtbar hält, dass Jugendliche über die NS-Zeit informiert werden: "Nur so kann ein Verständnis für Ereignisse geschaffen werden, das ihr zukünftiges Handeln beeinflusst", sagte sie vor der Gedenkfeier.

Der langjährige Dormagener Pfarrer Heinz Tenhafen, Ehrenvorsitzender des Partnerschaftsvereins Dormagen–Kiryat Ono, knüpfte an seine Ansprache vor dem Stadtrat nach der Eröffnung der Hinweis-Stele mit den Standorten aller 39 Stolpersteine an. Er warnte davor, den Holocaust und das Unrecht an den NS-Opfern zu verharmlosen. Fremdenhass sei kein überwundenes Motiv für Gewalttaten. "Seit 1990 sind 183 Menschen in Deutschland Opfer neonazistischer und rassistischer Gewalt geworden", wies Tenhafen auf Terror gegen Obdachlose, Homosexuelle, Andersdenkende und -aussehende hin. "Diese Zahl muss uns nur noch entschlossener von hier weggehen lassen", sagte Tenhafen mit Blick auf die zahlreichen Teilnehmer.

Schüler der beiden Realschulen in Hackenbroich und Dormagen hatten mit Wortbeiträgen an Angst angesichts der schrecklichen Überfälle sowie konkret an die Gewalt gegen Dormagener Juden und ihr Schicksal erinnert. So sagten Schüler der Realschule am Sportpark, die von Lehrerin Vera Strobel begleitet wurden: "Es darf niemals normal sein, dass jemand für seine Hautfarbe, seinen Glauben, seine Sitten verurteilt, verachtet und diskriminiert wird. Respekt fängt dort an, wo wir andere Menschen so akzeptieren, wie sie sind!"

Musikalisch umrahmt wurde das würdevolle Gedenken vom Gesang "Shalom" und "Die Moorsoldaten", vorgetragen vom Ehepaar Nadja und Sven Jungbeck. Als alle Teilnehmer einstimmten, fielen Regentropfen gleichsam als Schlussakkord.

(NGZ)
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