Dormagen Dormagener verzocken fast fünf Millionen Euro

Dormagen · Soviel Geld wie 2013 haben die Bürger noch nie in Spielautomaten gesteckt - und verloren. Die Zahl der Automaten stieg auf 211.

 In Dormagen ist die Zahl der Geldspielautomaten auf 211 gestiegen. Die Gefahr: Glücksspiel kann zur existenzgefährdenden Sucht werden.

In Dormagen ist die Zahl der Geldspielautomaten auf 211 gestiegen. Die Gefahr: Glücksspiel kann zur existenzgefährdenden Sucht werden.

Foto: :S. Kegler/DPA

Der vermutlich noch recht junge Mann ist nur in Umrissen zu erkennen. Als er redet, wirkt er nachdenklich. Und was er sagt, berührt: In Spielotheken habe er herumgelungert, teilweise dort sogar gegessen und geschlafen. Die Arbeit in der Lehrstelle habe er immer wieder geschwänzt - solange, bis die Kündigung kam. Schließlich habe er angefangen, seine Eltern zu bestehlen. Der Weg des Mannes, das wird aus diesem Video auf der Internetseite der Landeskoordinierungsstelle Glücksspielsucht deutlich, führte schließlich in eine Klinik für Suchtkranke, wo der Betroffene nun um einen neuen Anfang kämpft.

Spielsüchtig oder zumindest gefährdet, es zu werden, dürfte auch eine beachtliche Zahl von Dormagenern sein. Ein Betrag von fast fünf Millionen Euro wurde in der Chemiestadt 2013 an Geldspielautomaten verzockt; der Kasseninhalt in Gaststättenautomaten belief sich auf 600 445 Euro, der in Spielhallen auf knapp 4,3 Millionen Euro. Zwei Jahre zuvor waren in den Automaten der gastronomischen Betriebe 461 515 Euro gelandet, in denen der örtlichen Spielhallen etwas mehr als 3,2 Millionen Euro. Diskussionswürdig ist in diesem Zusammenhang die Entwicklung der Geldspielgerätezahl in Dormagen: Von 1998 bis 2008 ging sie von 239 auf 186 zurück, doch bei der letzten Erhebung war sie wieder auf 211 gestiegen. Diese Zahlen nennt die Landeskoordinierungsstelle Glücksspielsucht NRW, die seit 1998 Erhebungen zu Geldspielgeräten in Spielhallen und Gaststätten veröffentlicht.

Die genannten Werte aus der Statistik zum Stichtag 1. Januar 2014 dürften in Dormagen wohl nur die Betreiber der Glücksspielautomaten freuen. Allerdings profitiert auch die Stadt vom Glücksspiel. 2014 flossen daraus 740 000 Euro in ihre Kasse, im ersten Quartal dieses Jahres waren es laut Sprecher Swen Möser auch schon 193 000 Euro.

Nach Ansicht von Ilona Füchtenschnieder von der Landeskoordinierungsstelle sollten die hohen verzockten Summen nicht einfach hingenommen werden. "Die Summen müssten in der Stadt diskutiert werden", findet sie. Schließlich stelle das verspielte Geld einen erheblichen Kaufkraftverlust dar. Von den sozialen Folgen ganz zu schweigen. "Ein beträchtlicher Teil des Geldes kommt von Menschen, die spielsüchtig sind", sagt Ilona Füchtenschnieder. Glücksspielsucht ist eine anerkannte Krankheit, bei der das Verlangen zu spielen nicht kontrolliert werden kann. Sie bestimmt den Alltag der Süchtigen, die Familie, Berufsleben und soziale Kontakte vernachlässigen.

Hilfe für Spielsüchtige im Rhein-Kreis Neuss bietet die Fachstelle Glücksspielsucht der Caritas an. Ihr Sitz ist an der Rheydter Straße 176 in Neuss (Kontakt siehe Extra-Kasten in diesem Bericht). Im vergangenen Jahr suchten dort mehr als 250 Menschen Unterstützung. "Das Spielen um Geld ist eine Sucht, die ganz schnell Existenzen gefährden kann", sagt Leiterin Verena Verhoeven. Der Mann aus dem eingangs erwähnten Video wird das bestätigen können.

(NGZ)
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