Dormagen Geschickte Frauen nähen Hähne für das Köppen

Dormagen · Agnes Derendorf, Irene Hartmann und Marianne Röttges beliefern die Kirmesgesellschaft Selde Blömche mit Stoffgetier zur Traditionspflege.

 Agnes Derendorf, Irene Hartmann und künftig Marianne Röttges (v.l.) basteln Hähne für die Brauchtumspflege bei der Ückerather Kirmes.

Agnes Derendorf, Irene Hartmann und künftig Marianne Röttges (v.l.) basteln Hähne für die Brauchtumspflege bei der Ückerather Kirmes.

Foto: WOITSCHÜTZKE

Eigentlich sind sie für die ihnen bevorstehende Prozedur viel zu schade. Richtig putzig sehen sie aus mit ihren braunen Körpern, den leuchtend-roten Kämmen und den quietschgelben Schnäbeln, denen ein feiner schwarzer Strich plus Punkt einen gewissen kecken Ausdruck verleiht. Doch die 13 Stoff-Hähne, die die 89-jährige Grimlinghausenerin Agnes Derendorf mit etwas Unterstützung von Irene Hartmann aus Ückerath (74) aus Filz kreiert hat, werden das kommende Wochenende nicht überleben. Am Sonntagnachmittag müssen sie dran glauben - beim traditionellen Hahneköppen der Kirmesgesellschaft "Selde Blömche 1935" in Ückerath. Mit Holzschwertern machen ihnen die Bewerber um die Titel von Hahnen- und Junghahnenkönig, Jugendpokal und zehn Preise den Garaus.

1992 hatten sich die Ückerather vom Hahneköppen in der althergebrachten Form mit echten, wenn auch zuvor getöteten Hähnen verabschiedet. Es habe einfach zuviel Theater gegeben, erinnert sich Irene Hartmann, Gattin des "Selde Blömche"-Vorsitzenden Peter Hartmann und Mutter von dessen Stellvertreter im Verein, Peter Hartmann junior. "Die Tierschützer haben uns die Hölle heiß gemacht", erzählt die 74-Jährige, die ursprünglich aus Reuschenberg stammt, aber seit einem halben Jahrhundert in Ückerath lebt. Die Frauen aus dem Verein seien dann auf die Idee gekommen, das blutige Ritual durch ein unverfängliches mit Stoff-Geflügel zu ersetzen.

In den zurückliegenden 19 Jahren lag die Produktion der künstlichen Hähne hauptsächlich in den geschickten Händen von Agnes Derendorf. Sie schnitt die verschiedenen Filzstücke zurecht und setzte sie dann mit Hilfe ihrer Nähmaschine zusammen. Irene Hartmann kümmerte sich um die Augen der Hähnchen und um die Bemalung der Schnäbel. Allein das Nähen ohne das Zuschneiden des Stoffes braucht schon einige Zeit und Geduld. "Pro Hahn benötige ich dafür etwa eine Dreiviertelstunde", berichtet Agnes Derendorf. Rechnet man den Schnitt dazu, kommt sie bei den 13 Exemplaren, die in diesem Jahr im Hahneköppen-Korb stecken werden, locker auf insgesamt mehr als 13 Stunden Arbeit. In Zeitdruck kommt die Seniorin aber nicht. Die Hähne für die Ückerather Kirmes sind diesmal schon im Mai fertig geworden. Und wie üblich wird die gelungenste Kreation bei der Ermittlung des erwachsenen Hahnenkönigs eingesetzt.

Nach dem Fest in diesem Jahr gibt Agnes Derendorf die Aufgabe an Marianne Röttges (61) weiter. "Meine Augen machen nicht mehr so gut mit", erklärt Derendorf. Ihre Nachfolgerin ist für die Näh-Aufgabe aber genauso prädestiniert wie die Grimlinghausenerin: Beide sind ausgebildete Schneiderinnen; Röttges übernimmt als offizielle Vereinsschneiderin jetzt schon viele Arbeiten in diesem Bereich für die Kirmesgesellschaft.

Um das Material muss sie sich nach Lage der Dinge aber lange Zeit nicht kümmern. Agnes Derendorf, die den "Selde Blömche" stets auch den Stoff für die Hähne spendierte, hat vor ihrem Ausstieg nochmal ausgiebig eingekauft. "Das reicht wahrscheinlich für die nächsten zehn Jahre", ist sie sich mit Hartmann und Röttges einig.

(NGZ)
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