Ngz-Serie Extra-Klasse Großer Zulauf für Islam-Unterricht

Dormagen · Als einzige weiterführende Schule im Stadtgebiet bietet die Realschule am Sportpark, die ausläuft, seit dem zweiten Schulhalbjahr in allen Jahrgängen islamischen Religionsunterricht an. Dafür machte Gülay Sekerci eine Zusatzausbildung.

 Gülay Sekerci unterrichtet an der Realschule seit Februar islamischen Religionsunterricht. Viele ihrer Schülerinnen tragen Kopftuch.

Gülay Sekerci unterrichtet an der Realschule seit Februar islamischen Religionsunterricht. Viele ihrer Schülerinnen tragen Kopftuch.

Foto: G. Salzburg

Dormagen Wer übernimmt die Rolle des Propheten Mohammed? Wer möchte einen Ashab spielen, also jemanden, der in direktem Kontakt mit dem Propheten stand? Wer einen Tabiun - also denjenigen, der nur indirekt von den Worten und Taten des Propheten erfahren hat, nämlich durch die Ahabs? Um die Überlieferungskette der Worte und Handlungen des Propheten deutlich zu machen, gleichzeitig aber auch zu zeigen, wie leicht es zu Missverständnissen und falschen Interpretationen kommen kann, hat Gülay Sekerci ein Rollenspiel ausgewählt. Sekerci ist Lehrerin für Deutsch und Biologie an der Realschule am Sportpark, seit Februar aber auch für den islamischen Religionsunterricht.

In jedem Jahrgang hat sie einen Kursus mit 17 bis 30 Schülern. Fast alle hatten vorher den Kursus "Praktische Philosophie" (PP) belegt - als Ersatz für evangelische oder katholische Religion. "Im PP-Kurs nahmen die Themen, die sich mit dem islamischen Glauben befassten, auch schon einen breiten Raum ein", sagt Gülay Sekerci. Gemeinsam mit Schulleiter Jan Peter Krause wuchs dann der Plan, den Kindern und Jugendlichen ihren eigenen Religionsunterricht anzubieten. Sekerci erklärte sich bereit, dafür einen entsprechenden Zertifikatskurs zu machen. "Vorher haben wir allerdings bei den Eltern nachgefragt, ob das denn überhaupt gewünscht sei", sagt die Lehrerin. Das war es. "Es gibt sogar einige katholische Kinder, die kommen, weil sie mehr über den Koran erfahren möchten", so Sekerci.

Die meisten der Sechst- bis Zehntklässler sind bereits in Deutschland geboren. Daher sind ihre Deutschkenntnisse oft besser als die in ihrer Muttersprache. "Sie sind froh, nun in Deutsch über den Islam sprechen zu können. Denn es sei wichtig, dass sie auch mit ihren nicht-muslimischen Mitschülern über ihre Religion reden können", sagt die Lehrerin. Auch darüber, was es für sie bedeutet, ein Kopftuch zu tragen. Das kam übrigens für die Lehrerin nie in Frage, obwohl sie es richtig findet, dass muslimische Kolleginnen nun auch in Nordrhein-Westfalen wieder mit Kopftuch unterrichten dürfen, nachdem im März das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe das Kopftuch-Verbot als verfassungswidrig gekippt hatte. Der 15-jährigen Iman macht der "neue" Unterricht viel Spaß. "Wir können jetzt viel mehr fragen und auch besser über unsere Religion sprechen", sagt sie.

Auch Simel (15) ist begeistert, dass auf ihrer Schule islamischer Religionsunterricht angeboten wird. Neslihan (15), Mihriban (14), Drilon (14) und Atakan (16) sagen, dass sie nun viel selbstbewusster geworden seien, den Islam zu vertreten. Alle hoffen, dass islamischer Religionsunterricht noch an anderen Dormagener Schulen eingerichtet wird. Die meisten der jungen Mädchen tragen übrigens ein Kopftuch, und das aus Überzeugung und nicht, wie sie bestätigen, weil ihre Eltern das verlangen.

"Mein Unterricht ersetzt keinesfalls die Moschee-Arbeit", sagt Gülay Sekerci, sondern sei als ergänzender Katechismus zu sehen. Noten gibt es natürlich auch, zum Ende dieses Schuljahres zum ersten Mal. Die Kosten für die Lehrbücher der einzelnen Jahrgänge hat übrigens die Sparkassen-Stiftung übernommen. "Ich habe mich an den Bürgermeister gewandt und gefragt, ob es irgendeine Möglichkeit gebe, das Lehrmaterial zu finanzieren", sagt Sekerci. Erik Lierenfeld hatte daraufhin den Kontakt zur Sparkassen-Stiftung hergestellt.

(NGZ)
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