Dormagen Henning Scherf wirbt für Wohngemeinschaft

Dormagen · Das Dormagener Mehrgenerationen-Projekt sieht sich durch den Vortrag des früheren Bremer Bürgermeisters bestätigt.

 Das engagierte Wohnprojekt von Nawodo stößt auch auf überregionales Medienecho. In Nievenheim soll es verwirklicht werden.

Das engagierte Wohnprojekt von Nawodo stößt auch auf überregionales Medienecho. In Nievenheim soll es verwirklicht werden.

Foto: on

Zu einem passenderen Zeitpunkt hätte Henning Scherf, ehemaliger Bürgermeister von Bremen, kaum in die Kulturhalle kommen können. Laufen doch zurzeit in Dormagen Ideen und Projekte für neue Wohnformen, für ein anderes Miteinander unter einem Dach. Da passte der Besuch von Scherf perfekt, der als Autor des Buches "Mehr Leben - Warum Jung und Alt zusammenhören" zu Lesungen in Deutschland unterwegs ist.

Der 75-Jährige erzählte den Zuhörern von seiner Hausgemeinschaft in Bremen, in der sowohl Rentner als auch Studenten und Familien mit Kindern gemeinsam leben und sich umeinander kümmern. Das tut er bereits seit 26 Jahren. Noch in seiner aktiven politischen Zeit entschied er sich für eine solche Lebensform. "Die Häuser, in denen wir heute leben, wurden für eine ganz andere Gesellschaft gebaut", sagte er. "Es gibt mittlerweile über 50 Prozent Singlehaushalte. Sogar in großen Bauernhöfen lebt oft nur noch eine Person." So sollten, statt ständiger Neubauten am Stadtrand, die Wohnungen in den Städten entsprechend umgebaut werden, forderte er. So, dass ähnliche Wohngemeinschaften entstehen können wie seine eigene. In denen man gemeinsam feiert, aber auch gemeinsam leidet. Wo man die Kinder bei den Nachbarn in die Betreuung geben kann und als älterer Mensch nicht alleine ist und sogar zu Hause gepflegt werden kann. "Die Jungen suchen händeringend nach Kindergartenplätzen, die Älteren nach Pflegeheimen." Solche Probleme wären in derartigen Gemeinschaften gelöst. "Wichtig ist jedoch auch, dass man sich jederzeit in seinen eigenen Wohnraum zurückziehen kann", betonte Scherf. Es gehe also keinesfalls so zu wie in einer engen Studenten-WG. Aber es existiere eben auch nicht mehr dieser strikt getrennte Wohnraum, "der für moderne Bedürfnisse oft viel zu groß und viel zu sehr von den Mitmenschen abgeschottet ist", so Scherf.

Gedanken, die bei Hans Schürmann auf fruchtbaren Boden fielen. Er ist der Motor von Nawodo, "Nachbarschaftlich Wohnen in Dormagen", das im geplanten Neubaugebiet Nievenheim IV ein Mehrgenerationen-Wohnprojekt mit 23 Wohneinheiten plant. "Ein wunderbarer Abend für uns", so Schürmann. "Es waren viele Neugierige dort, die sich genau für dieses Thema interessieren und gezielt Fragen Scherf stellten. Scherf war mit seiner großen Erfahrung sehr hilfreich." Gleich drei alternative Wohnprojekte und -formen nutzten die Gelegenheit, sich vorzustellen. Neben Nawodo das Projekt an der Schul-/Oberstraße in Stürzelberg sowie das Beginen-Projekt, bei dem Frauen jeglichen Alters unter sich bleiben und gemeinschaftlich wohnen.

Zu Beginn der Veranstaltung, die in Kooperation mit der Buchhandlung Seitenweise zustande kam, hatte Ex-Senator Scherf jeden der rund hundert Besucher am Eingang per Handschlag begrüßt. Im Gespräch mit Moderator Stephan Thönneßen erzählte er im ersten Teil des Abends über seine Kindheit und über sein bewegtes politisches Leben.

(NGZ)
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