Dormagen Kaninchen-Virus grassiert in Dormagen

Dormagen · Die für Kaninchen in den allermeisten Fällen tödliche Viruserkrankung Myxomatose hat sich in Dormagen verbreitet. Tierarztpraxen haben starken Zulauf, weil sich Hauskaninchen angesteckt haben.

In der Praxis von Dr. Susann Ulusans sitzen derzeit Kunden, die in großer Sorge um das Leben ihrer Hauskaninchen sind. Stark geschwollene Augen oder Schwellungen in den Ohren - das sind untrügliche Anzeichen für das derzeit grassierende Virus Myxomatose. "In den meisten Fällen ist es zu spät", sagt die erfahrene Dormagener Tierärztin. "Die Sterblichkeitsrate ist bei dieser Erkrankung sehr hoch." Sie empfiehlt Besitzern von Hauskaninchen dringend, die Tiere rasch impfen zu lassen.

Myxomatose ist eine für Kaninchen tödliche Viruserkrankung, die in Australien gezielt zur Bekämpfung von Kaninchenplagen in Umlauf gebracht wurde und dann nach Europa übergeschwappt ist. 1859 wurden erstmals zwei Dutzend europäische Wildkaninchen nach Australien importiert. Sie vermehrten sich in knapp 100 Jahren auf mehrere Milliarden und breiteten sich über den ganzen Kontinent aus. 1952 wurde eine Infizierung mit dem hochgradig krankmachenden Myxomatosevirus mit Erfolg eingeleitet. Der Seuchenzug war geradezu katastrophal, die Sterberate betrug über 99 Prozent. Für die Ausbreitung innerhalb Europas soll der französische Professor Paul Amand-Delille verantwortlich sein. Um der Überpopulation auf seinem Landsitz Einhalt zu gebieten, ließ er sich den brasilianischen Myxomatosevirusstamm 1952 aus der Schweiz kommen und infizierte zwei Wildkaninchen. Der Erfolg war so überragend, dass Nachbarn auf sein Grundstück eindrangen und kranke Kaninchen einfingen, um sie in ihren eigenen Gärten und Gütern wieder auszusetzen. Diesem Verhalten ist es laut Fachquellen zu verdanken, dass das Virus sich rasant in ganz Europa ausbreitete. 1953 wurde der erste Myxomatosefall im Mannheimer Stadtpark registriert.

"Das Virus wird über die Schleimhäute übertragen", sagt Claus Vollmer, Leiter des Hegerings Dormagen. Dicke, geschwollene Augen sind ein typisches äußeres Zeichen bei den Tieren. "Weil Wildkaninchen Bautiere sind, herrscht in ihren Bauten oft Gedränge, wodurch das Virus schnell übertragen wird. Achtzig Prozent der Tiere sterben dann rasch", schätzt der Jäger. Das ist dann das Aus für diese Population. Die anderen bilden Antikörper und sind dann gegen diese Krankheit gewappnet, sagt er.

Auch die Wildkaninchen im Dormagener Stadtgebiet sind von der tödlichen Erkrankung betroffen. Die heimischen Jäger sind aufmerksam und beobachten bei ihren Streifzügen gerade die Kaninchen. "Die werden dann erlegt, um sie von ihren Leiden zu erlösen und um natürlich eine Ausbreitung zu verhindern", sagt Claus Vollmer. Gerade auf den Friedhöfen ist das der Fall, wo die Kaninchen in großer Zahl anzutreffen sind.

Die Stadt reagiert nicht gezielt auf diese Viruserkrankung hin, sondern lässt die Wildkaninchen auf den Friedhöfen bejagen. "Sie verunstalten immer wieder Gräber", sagt Stadtsprecher Harald Schlimgen. Das geschehe in den frühen Morgen- und späten Abendstunden.

Die bevorzugten Reviere der bedrohten Wildkaninchen sind schnell ausgemacht. Weil sie Sandböden benötigen, um ihre Bauten anzulegen, sind die verstärkt in der Zonser Heide, im Bereich der Zufahrt zur A 57 und zum Teil in Rheinfeld zu finden, sagt der Jäger. Gerne nutzen die Tiere auch mit magerem Sandboden überdeckte Deponien.

Wer die Wildkaninchen nun berührt, gefährdet zwar nicht seine eigene Gesundheit, da das Virus nicht auf den Menschen übertragbar ist, kann aber als Transportmedium für den Erreger auf das eigene Hauskaninchen dienen. Das ist aber nach den Erfahrungen von Tierärztin Ulusans die Ausnahme. "Das Virus wird meist durch Mücken und Fliegen übertragen, die das Sekret an den Augen aufnehmen." In den vergangenen vier Wochen hatte sie sieben Fälle, in denen Hauskaninchen von Myxomatose infiziert worden sind. "Es kommen immer mehr Besitzer, die ihre Tiere impfen lassen. Das muss auch rechtzeitig geschehen, um einen Schutz zu erreichen."

(NGZ)
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