Dormagen Krimiautorin führt in Zons an ihre Tatorte

Dormagen · Catherine Shepherd las bei einer Führung aus ihrem Buch "Der Puzzlemörder von Zons". Franziska Gräfe nannte historische Fakten.

Zugegeben, es bedarf einiger Phantasie, sich an diesem schwülen Frühlingsabend, an dem die Sonne ihre Strahlen durch den feinen Schleier des verdunstenden Regens schickt, in den kalten und rabenschwarzen Januar des Jahres 1495 zu versetzen. Kopfkino an: An der südlichen der beiden Pfefferbüchsen, die auf der östlichen Stadtmauer hocken, baumelt, aufgehängt an einer Hand, die Leiche des Mädchens Elisabeth. "Die Haare waren ihr vom Schädel geschoren und die Kopfhaut wies grässliche Verletzungen auf. Fast sah es so aus, als hätte jemand mit einem Messer ein blutiges Muster in ihre Kopfhaut geritzt", trägt Catherine Shepherd jene Passage aus ihrem Roman "Der Puzzlemörder von Zons" vor, in der Stadtsoldat Bastian Mühlenberg das geschändete Opfer findet.

Die populäre Zonser Thriller-Autorin gab am vergangenen Freitag in der Zonser Altstadt eine Lesung der besonderen Art. An sechs Schauplätzen ihres 2012 erschienen Erstlings trägt sie Passagen daraus vor, Stadtführerin Franziska Gräfe liefert dazu Informationen zur Geschichte des Städtchens und zu seinen prägnanten Bauwerken. So auch zur Pfefferbüchse, die noch bis ins 20. Jahrhundert hinein als Gefängnis diente und ihren Namen wohl der Möglichkeit verdankt, aus den winzigen Fenstern des Türmchens Geschosse auf nahende Feinde niedergehen zu lassen.

Weiter zieht der Tross in Richtung Pfarrkirche, neben der im Roman der Arzt Josef Hesemann die Leichenbeschau vornimmt. Unter den 16 gebannt lauschenden Zuhörern sind Katharina Hall und Sigrid Scheulen, zwei Freundinnen aus Neuss. Beide gehen oft zu Lesungen, haben Shepherd kürzlich bei ihrem Auftritt in der Talkshow von Markus Lanz gesehen und schwelgen in Erinnerungen. "Als Kind bin ich oft mit dem Fahrrad hier gewesen, und oben im Türmchen konnte man Sauerbraten essen", berichtet Scheulen. Das, erläutert Fremdenführerin Franziska Gräfe, ist heute nicht mehr möglich, denn das Lokal hat vor einigen Jahren geschlossen.

Dann steuert das Trüppchen die Mühle an, wo Autorin Shepherd ihren mittelalterlichen Ermittler, den Stadtsoldaten Bastian Mühlenberg und Oliver Bergmann, sein Pendant in der Jetzt-Zeit, vorstellt. Alle ihre sechs Zons-Krimis spielen auf zwei Zeitebenen und drehen sich um Serienmörder aus dem späten 15. Jahrhundert, die in der Gegenwart einen Nachahmungstäter auf den Plan rufen. Weit über 500.000 Exemplare der Reihe, zum größten Teil E-Books, hat Shepherd bislang verkauft. Ihrem sympathischen Auftritt merkt man den großen Erfolg nicht an, wenn sie am Juddeturm oder vor dem Stadtarchiv ungerührt ihren psychopathischen Mörder Dietrich Hellenbroich vorstellt.

"Wenn ich mit meinem Hund durch die Stadt gehe, achte ich jetzt auf die Schauplätze", sagt Simone Stein. Für Wilfried Werner aus Delrath steht fest: Er wird die Bücher seiner Frau Heike mopsen und die Zonser Mord-Serien nachlesen. Ein unterhaltsamer Abend über Generationen hinweg, das bestätigten Jennifer Heier und Mama Petra, die gemeinsam mit Oma Hella Upadek auf der Fährte des Puzzlemörders unterwegs waren.

(NGZ)
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