Interview: Carsten Müller, Spd-Stadtverbandsvorsitzender "Kuschelkurs der Parteien hat Grenzen"

Dormagen · Nach den ersten 100 Tagen als Stadtverbandsvorsitzender der SPD Dormagen spricht Carsten Müller (45) über Mitgliedergewinnung, Bürger-Dialog und die politische Arbeit der Parteien in den Ausschüssen.

 Carsten Müller (45) ist seit 25. Juni Partei-Chef der SPD. Er folgte auf Erik Lierenfeld, der als Bürgermeister sein Partei-Amt zur Verfügung stellte.

Carsten Müller (45) ist seit 25. Juni Partei-Chef der SPD. Er folgte auf Erik Lierenfeld, der als Bürgermeister sein Partei-Amt zur Verfügung stellte.

Foto: Jaz

Herr Müller, wie fällt Ihr Fazit nach den ersten 100 Tagen als Stadtverbands-Chef der SPD Dormagen aus?

Carsten Müller Es macht sehr viel Spaß! Wir haben ein gutes Team, mit dem ich in den nächsten Jahren die Politik vor Ort mitgestalten kann. Es werden spannende Jahre sein.

Im Februar stehen turnusmäßig neue Wahlen bei der SPD Dormagen an. Machen Sie weiter?

Müller Ich stelle mich zur Wahl. Das Amt habe ich nicht als Lückenfüller nur für ein Dreivierteljahr von Bürgermeister Erik Lierenfeld übernommen. Ich freue mich auf die nächsten spannenden Jahre bei den anstehenden Aufgaben.

Welche Schwerpunkte setzen Sie in Ihrer Arbeit als Partei-Chef?

Müller Die SPD ist gut aufgestellt, da die Mischung zwischen "Frischlingen" und "Erfahrenen" stimmt. Meine Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass das auch auf lange Sicht so bleibt. Ich möchte erreichen, dass die Partei auch nach 2020 viele gute Mitstreiter hat. Dazu möchte ich auch junge Leute für Politik begeistern.

Wie möchten Sie das erreichen?

Müller (lacht) Wir Politiker schrecken auch schon mal ab, daran müssen wir arbeiten und ändern... Das Patentrezept habe ich sicher auch nicht. Aber der Weg des Bürger-Dialogs der vergangenen Jahre ist der richtige und wird fortgesetzt: Mit Veranstaltungen für Bürger, regelmäßigen Infoständen nicht nur zu Wahlkampfzeiten, Sprechstunden und über Soziale Medien sind wir ansprechbar. Dabei können wir den Leuten erklären, warum Entscheidungen so getroffen werden. Wir müssen transparent und offen sein und die Bürger miteinbeziehen. Es wird im Vorstand einen Zuständigen geben, der sich speziell um junge Leute kümmert - und das schon sehr bald, nicht erst in sechs Jahren zur nächsten Wahl.

Gibt es neben dem Bürger-Dialog weitere Arbeitsfelder für die Partei?

Müller Wir werden in Abstimmung mit unserem Landtagsabgeordneten Rainer Thiel wichtige Themen wie u.a. den Autobahnanschluss Delrath und die Entwicklung des Silbersees vorantreiben. Außerdem müssen wir im Zusammenspiel mit der SPD-Fraktion das schwierige Erbe von "Jamaika" aufarbeiten.

Was meinen Sie damit konkret?

Müller So sind zum Beispiel beim wichtigen Thema "Innenverdichtung" in Hackenbroich und Stürzelberg die Anwohner verprellt worden. Bürgermeister Lierenfeld hat ja versprochen, die Bürger besser einzubeziehen. Aber auch wir als Partei werden uns der Verantwortung stellen und weiter informieren und die Bürger einbeziehen. Da wollen wir weitere Bürger-Dialoge, wie den zum Baugebiet Nievenheim IV vor der Wahl, anbieten.

Planen Sie diese Bürger-Dialoge gemeinsam mit der CDU, wo sie doch jetzt so gut zusammenarbeiten?

Müller Nein, so einen extremen "Kuschelkurs" wird es nicht geben. Das wertschätzende Miteinander im Rat ist richtig und sollte fortgeführt werden. Darunter darf aber die eigene Identität der Parteien nicht leiden. Einige butterweiche Formulierungen in den Ausschusssitzungen nehme ich manchen Ratskollegen übrigens nicht ab. In der Sache muss eine Auseinandersetzung drin sein, wie in Ansätzen beim Lernort Horrem und bei der Parkplatzsituation in Hackenbroich geschehen.

Sehen Sie die große Chance, die SPD mit Blick auf die nächste Wahl als klare Nummer 1 zu positionieren?

Müller Die Voraussetzungen sind zwar gut, wir haben ebenso wie die CDU 16 Ratssitze und stellen den Bürgermeister. Allerdings kann in den sechs Jahren noch viel passieren, was diese Chancen mindert. Das sehe ich realistisch. Wechselnde Mehrheiten haben Vor- und Nachteile in der Umsetzung: Ohne Koalition soll sich die beste Idee durchsetzen, allerdings erfordert das auch viele Gespräche und Überzeugungsarbeit im Vorfeld.

Wie steht die SPD zu ihrem Wahlversprechen, die Sportnutzungsentgelte zurückzunehmen?

Müller Wir haben immer gesagt, dass die Vereine nicht so stark belastet werden dürfen. Nun warten wir die Auswertung der jetzt nach der Wahl endlich geführten Gespräche der Stadtverwaltung mit den Sportvereinen ab. Wenn die Vereine mit der Lösung der Verwaltung leben können, werden wir uns dem nicht entgegenstellen.

Welche Sparvorschläge macht die SPD in der jetzt am Wochenende anstehenden Haushaltsklausur?

Müller Die Haushaltseinbringung des Kämmerers fand ich der Hinsicht gänzlich ungeeignet. Wenn Herr Uffelmann selbst, der täglich mit den Zahlen umgeht, keinen Vorschlag macht, wie sollen das alles ehramtlich Tätige übernehmen? Aber natürlich haben wir in den einzelnen Fachthemen schon Vorüberlegungen angestellt, über die wir am Wochenende beraten.

KLAUS D. SCHUMILAS UND CARINA WERNIG FÜHRTEN DAS GESPRÄCH.

(NGZ)
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